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Schweizer Bio-Eier machen Halt in Rüti ZH (Handelszeitung 21.11.2007

Die Hosberg AG vermarktet biologisch produzierte Eier. Neben dem eigentlichen Konsum-Ei besteht die Zukunft aus der Produktion von Convenience-Produkten.Hosberg Bioeier auf dem Fliessband

Hühner haben es gut in der Schweiz, denn die tierfeindliche Käfighaltung ist im Gegensatz zum Ausland hier verboten. Das kostet. Trotzdem: Schweizer Konsumenten halten dem teuren Schweizer Ei seit vielen Jahren die Treue. „Eier haben viel mit Emotionen zu tun“ hat Alfred Reinhard eine Erklärung dafür parat. Er weiss, wovon er spricht. Über 40 Millionen Eier liefen im letzten Jahr über die Fliessbänder der Hosberg AG in Rüti ZH. Nichts Besonderes an und für sich. In der Schweiz werden jährlich laut Statistik 650 Millionen Eier produziert. Doch die Eier von Alfred Reinhard sind anders: sie stammen von besonders glücklichen und wohlbehüteten Hühnern von zertifizierten Biobetrieben. Maximal 500 Tiere pro Herde – in der Regel weniger -, biologisches Futter, eingestreuter Scharraum, täglicher Auslauf in frischer Luft. Das ist gut für die Hühner und noch besser für die Hosberg AG, der klaren Nummer eins im Handel mit Bio-Eiern. Die Öko-Branche boomt. Deshalb die gähnende Leere in den Lagerräumen in Rüti. „Uns fehlen zurzeit rund eine Million Eier“, sagt der 50-Jährige wehmütig.

Im ersten Stock des Gebäudes befindet sich der eigentliche Umschlagsplatz für die Bio-Eier. 30 Eier pro Karton in grünen Kisten, aufgeschichtet zu Türmen von mehreren Metern. Soeben fährt der Lieferwagen mit einer neuen Ladung von Eiern vor. Ein Barcode auf der Seite der Kiste, vom Lastwagenfahrer noch auf dem Zulieferbetrieb erstellt, garantiert die Rückverfolgbarkeit. Ort, Datum, Menge und mehr Informationen. Das gläserne Ei. Los geht die Reise der frisch eingetroffenen Eier durch eine faszinierende Welt von Kontroll- und Verarbeitungsmaschinen. Und oh Wunder: Am Ende landen sie in Sechser- oder Viererkartons, für Migros und Coop sowie für kleinere Abnehmer. Versehen mit der unverwechselbaren Produktions-Nummer. „Mit dieser Anlage sind wir dem übrigen Eier-Handel meilenweit voraus“, sagt Reinhard stolz. Alfred Reinhard Hosberg Bioeier AGKeine Spur vom „Chörnli-Picker“-Image, das der Bioszene manchmal immer noch anhaftet. Bei einem Umsatz von 23 Millionen Franken im letzten Jahr kann er sich das gar nicht leisten. „Die Löhne der 34 Angestellten müssen schliesslich monatlich bezahlt sein!“

Geblieben ist der Name Hosberg

Dabei hat alles tatsächlich in durchaus familiärer Atmosphäre begonnen. Auf dem ganz normalen Bauernhof Hosberg in Rüti, den der Berner Alfred Reinhard zusammen mit seiner Frau vor 23 Jahren übernommen hatte. 10 Jahre später folgte die Umstellung auf biologische Produktion. Vieles vermarktete die Bauernfamilie direkt. „Schon damals mit einem relativ grossen Anteil von Eiern“, sagt Alfred Reinhard. Bald reichten die Mengen nicht mehr, ein paar andere Eierproduzenten aus der Region wurden unter Vertrag genommen. Es war die Zeit Mitte der 90iger-Jahre als der biologische Landbau in der Schweiz für breitere Massen salonfähig wurde. Immer mehr Leute wollten die Bio-Eier. Deshalb folgte vor zehn Jahren der Entschluss, zusammen mit seiner Frau eine eigene Vermarktungs-Firma für die edlen Eier zu gründen. Mit gleichem Namen, zuerst als GmbH, ab 1999 als Aktiengesellschaft. Mit Alfred Reinhard als Mehrheitsaktionär. Den Rest der Aktien teilen sich die Produzenten und Verarbeiter. Auf dem Bauernhof führt mittlerweile Sohn Jonas als Pächter Regie. Am Anfang lieferte Alfred Reinhard die Eier noch selber mit dem Privatwagen aus. Heute schwärmen vom Standort im Industriequartier in Rüti jeden Tag acht Chauffeure in die ganze Schweiz aus, um die Eier bei den 107 Vertragsproduzenten abzuholen.

Qualitatives Wachstum mit Convenience-Produkten

Der Neubau gleich nebenan deutet es an: Die Hosberg AG hat seine Grenzen noch lange nicht erreicht. Auch geografisch nicht. Die Tochterfirma Biovum GmbH im bayerischen Salgen vertreibt Bio-Eier in Deutschland. Verarbeitet werden sie im Mutterhaus in Rüti, verkauft aber wiederum in Deutschland. Trotz guten Markt-Aussichten ist sich Alfred Reinhard der Grenzen bewusst: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass in ein paar Jahren 50 Prozent der Schweizer Bevölkerung Bio-Eier essen wird.“ Die gesetzlich vorgeschriebene relativ beschauliche Herdengrösse von maximal 500 Hühnern pro Herde ist eine zusätzliche Einschränkung. Eine durchaus erwünschte allerdings. „Wir brauchen solche Vorschriften, damit sich unsere Eier qualitativ von der Konkurrenz in der EU abheben können“, sagt Alfred Reinhard. In der EU liegen die Vorschriften im Biobereich deutlich tiefer als in der Schweiz. Alfred Reinhard: „Bio-Eier sind aber kein Massenprodukt.“ Trotzdem: auch Hosberg AG verkauft die günstigeren EU-Eier. An Verarbeitungsbetriebe in der Industrie, beispielsweise für die Teigwarenproduktion oder für so genannte Convenience-Produkte. Und genau in letzteren sieht Alfred Reinhard die Chance für seine Firma. Denn das Konsum-Ei hat ein Problem: Die Wertschöpfung ist klein und die Margen stehen dauernd unter Druck. Die ofenfertigen Bio-Gemüse-Omeletten oder Bio-Ei-Burger sind Antworten darauf. Wertschöpfung im Haus behalten. Der stämmige, ehemalige Landwirt und sechsfache Familienvater bleibt aber seiner Philosophie treu. Nie würde er aus wirtschaftlichen Gründen in den Handel mit konventionellen Eiern einsteigen. Überhaupt ist Ökonomie nicht alles für ihn. Neben den Paletten mit den Eiern für die grossen Abnehmer steht fast verloren ein kleines Paket mit verarbeiteten Ei-Produkten für einen Bauern, der Bauernhof-Glace herstellt. Alfred Reinhard: „Auch wir haben schliesslich einmal ganz klein angefangen. Mit zehn Hühnern.“

www.hosberg.ch

Veröffentlicht in Blog

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank, ein sehr schöner Beitrag. Jetzt weiß ich endlich, wo die Eier aus dem Detailisten wirklich herkommen. Die Grenze von 500 Tieren ist schon streng – aber sicher besser für die Hühner – gut, das Käfighaltung sowieso nicht erlaubt ist.

    Ich werde die Seite auf jeden Fall mal zu den Bookmarks packen und ggf. in meinem Blog auf bestimmte Artikel hinweisen.

    En Gruess aus St. Gallen,
    Manuel

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