Bio Suisse-Produzenten dürfen in Zukunft nur noch mit Erlaubnis des Verbandes bei Discountern für Bioprodukte werben. Bio Suisse fürchtet um das gut Image seiner Bioprodukte. Mengenmässig ist die Bedeutung von Biogemüse beim Discounter zurzeit in der Schweiz noch gering.
Die Tiefpreispolitik von Aldi und Lidl sorgt in der Gemüsebranche weiterhin für hitzige Diskussionen. Für die einen sind die beiden Harddiscounter Absatzkanäle wie jeder andere auch, für die anderen aber sind sie vor allem Preistreiber, die die Preise in der ganzen Branche nach unten drücken. Ganz ähnliche Diskussionen führt zurzeit die Biobranche. Bekanntlich führen sowohl Aldi und Lidl eigene Bio-Linien. Letzterer hat auch Knospen-Produkte in seinen Regalen, Bio-Karotten oder Bio-Randen beispielsweise. Womit Bio Suisse wiederum seine Mühe hat. Sie stört sich vor allem daran, dass ihre Mitglieder als Werbeträger für Discount-Bioprodukte eingesetzt werden und die Produzenten so gegen einander ausgespielt werden und einen Preisdruck nach unten auslösen. Das sei schlecht für das Image der Biobauern. Und damit soll nun Schluss sein.
Vorher Erlaubnis einholen
Die Bio Suisse-Delegierten beschlossen im April in Olten, dass künftig keine Knospen-Produkte mehr bei Discountern verkauft werden sollen. Davon ausgenommen sind bekannte Markenartikel, die es auch in Knospenqualität gibt, wie beispielsweise Pommes Chips von Zweifel. Zudem müssen Bio Suisse-Mitglieder sich künftig vorher mit dem Verband absprechen, wenn sie sich für Werbezwecke im Discountkanal zur Verfügung stellen. Denn auf dem Spiel steht die viel propagierte «Qualitätsstrategie» von Bio Suisse. Darüber, wie sinnvoll es ist, sich dem Discount-Kanal zu verschliessen, gehen die Meinungen aber auseinander. Persönlich habe er nichts dagegen, dass Bioprodukte auch beim Discounter verkauft werden, sagt beispielsweise Biogemüseproduzent und Vertreter der Seeländer Biogenossenschaft AVG, Hans Ulrich Müller aus Bibern SO, der an der Delegiertenversammlung anwesend war. «Was ich gehört habe, bezahlen diese den Produzenten faire Preise», sagt er auf Anfrage. Der zunehmende Preisdruck auf dem gesamten Markt sei vor allem die Folge der hohen Margen bei Coop und Migros.
Aldi bedauert den Entscheid von Bio Suisse. Jedoch sei es eher ein Problem für die Produzenten, wenn diese nach Knospen-Richtlinien produzierten, dies bei Aldi aber nicht deklarieren dürften, sagte Aldi-Sprecher Sven Bradke gegenüber dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst. Und sowieso sollten die Biobauern sich doch freuen, wenn möglichst viele Bioprodukte abgesetzt würden.
Untauglicher Vergleich mit Deutschland
Noch ist der Anteil der Discounter am Gesamtbiomarkt in der Schweiz gering. Gerade einmal 7 Millionen Franken betrug der Umsatz im Discount im letzten Jahr gemäss Statistik von Bio Suisse. Zum Vergeich: Branchen-Leader Coop setzte 722 Millionen Franken mit Bio-Produkten um.
Ganz anders die Situation in Deutschland, wo die Discounter in den letzten Jahren als Zugpferd im Biolandbau gewirkt haben: Über die Hälfte aller Bioprodukte werden dort mittlerweile in Supermärkten abgesetzt, ein sehr grosser Teil davon bei Aldi und Lidl. Die Preise sind entsprechend unter Druck geraten. Beim Bio-Gemüse betrug der Anteil der Discounter am Gesamtabsatz in Deutschland im letzten Jahr 44 Prozent.
Ein Zukunftsszenario für die Schweiz? Eher nicht. Denn die Marktstrukturen sind bei uns ganz anders. In Deutschland gibt es viele so genannte Naturkostläden und vor allem immer mehr Bio-Supermärkte mit einem Vollsortiment. Der Markt ist also vielfältiger. In der Schweiz decken Migros und Coop 75 Prozent des Bio-Umsatzes ab und dominieren den Markt deutlich. Der Entscheid der Bio Suisse-Delegierten ist deshalb vor allem ein Entscheid zugunsten von Coop, dem Hauptvertreiber von Knospen-Produkten. «Für Bio ohne Kompromisse» wirbt Coop in seinen Läden. Und da passt billig nicht rein. Obwohl: Im vergangenen April gab es bei Coop eine Zeit lang für jede Packung Schweizer Bio-Rüebli eine gratis dazu. Ganz ohne Kompromisse geht es bezüglich Preisen also doch nicht.
Publiziert in der Zeitschrift „Der Gemüsebau 3/2009“
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