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Bauern setzen auf Folien und Netze

Vlies schützt die Kulturen im Frühjahr vor dem Frost und behalten die Wärme im Boden.

Extreme Wetterereignisse nehmen zu, der Einsatz von Pflanzenschutzmittel steht in der Kritik. Bauern setzen deshalb immer häufiger auf technische Lösungen wie Mulchfolien, Hagelschutznetze oder Folientunnel.

Der Winter ist eigentlich vorbei. Trotzdem erscheinen einige Äcker von weitem noch ganz weiss. Es ist nicht Schnee, sondern Vlies. Dieses schützt jetzt in der Übergangszeit beispielsweise Frühkartoffeln vor Frostschäden. Andere so abgedeckte Kulturen wie Erdbeeren profitieren zusätzlich von der dank der Abdeckung gespeicherten Wärme im Boden, die das Pflanzenwachstum beschleunigt. Das Produkt gelangt so früher auf den Markt und der Bauer kann mit einem besseren Preis rechnen.  

Zuckermais lässt sich mit Hilfe von Folien verfrühen. Die Schweizer Zuckermaismenge kann so gesteigert werden.

Aufmerksamen Spaziergängern dürfte nicht entgangen sein, dass die Landwirte in den letzten Jahren mehr Folien auf ihren Feldern einsetzen. Vielleicht die spektakulärste Variante zeigt sich beim Zuckermais: Die ganze Pflanzreihe ist wie in Zellophan eingepackt. Die Maispflanze durchbricht die dünne Folie sobald sie genug gross ist. Mit der etwas futuristisch anmutenden Methode kann die Ernte um zwei Wochen verfrüht werden. Dank der Folientechnik steigt die inländische Zuckermaismenge deshalb an und es muss weniger importiert werden. Die biologisch abbaubare Folie löst sich übrigens nach ein paar Monaten im Boden auf und hinterlässt dort keine schädlichen oder sichtbaren Rückstände.

Mulchfolien gegen Unkraut

Spargeldämme unter Folien.

Die meisten Bauern setzen Folien auf ihren Feldern vor allem gegen unerwünschtes Unkraut ein. Die Jungpflanzen werden direkt in vorgefertigte Löcher gesetzt. Das Prinzip ist simpel: Der Plastik raubt potentiellen Unkräutern das Licht und verhindert so deren Wachstum. Natürlich gibt es Leute, die sich an der «Plastifizierung» der Landschaft stören. Es ist ein klassischer Zielkonflikt: Der Bauer hat dank den Mulchfolien weniger Jätarbeit, im Idealfall eine bessere Ernte und er muss vor allem weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen. Zudem sinkt beim Boden das Erosionsrisiko durch Abschwemmung oder Wind. Viele Vorteile also, dafür ändert sich aber das Landschaftsbild. In der Schweiz ist dies meistens allerdings nur temporär, bis es wärmer wird oder bis sich die Pflanze genügend entwickelt hat und Blätter und Kraut die Folie bedecken.

Anders ist die Situation beispielsweise in Deutschland, dem in Europa mit Abstand bedeutendsten Anbauland für Spargel. Dort bilden sich Bürgerwehren gegen die grossen Felder mit den Spargeldämmen, die monatelang unter dicken Folien verschwinden. Der Verband süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer reagiert darauf mit einer Imagekampagne und Infotafeln mit dem Titel «Folie – warum, weshalb, wieso?». Im Erklärungstext steht dort unter anderem, dass sich die Folien mehrfach verwenden lassen und recycelbar sind. Auch in der Schweiz ist die Angst, dass nach der Ernte Plastik auf dem Feld liegenbleibt unberechtigt. «Sie bestehen entweder aus organischem Material und bauen sich natürlich von selbst ab oder werden aufgesammelt», sagt Kaspar Widmer von der Firma gvz-rossat ag/sa, die den Landwirten die Folien verkauft. Kein Bauer wolle Plastikreste auf seinem Acker.

Geschäft mit Insektenschutznetzen floriert

Die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels, eingeschleppte Schädlinge, zunehmender Vogelfrass oder die aktuellen Diskussionen um die Reduktion des chemischen Pflanzenschutzes forcieren technische Lösungen in der Landwirtschaft. Vor allem Biogemüse-Produzenten setzen beispielsweise schon heute bei Kulturen wie Brokkoli auf Insektenschutznetze gegen die berüchtigte Drehherzgallmücke, weil sie keine Insektizide gegen sie einsetzen dürfen. Die wohl wichtigste Antreiberin für den Absatz von Insektenschutznetzen ist aber die eingeschleppte Kirschessigfliege, die seit ein paar Jahren Obst- und Beerenplantagen befällt. «Die Nachfrage nach Schutznetzen nimmt auch wegen ihr seit Jahren zu», sagt Widmer. Immer mehr Obstproduzenten setzten aber nicht nur wegen der Fliege aus Asien auf immer aufwändigere und teurere technische Lösungen. Als Reaktionen auf die Zunahme von extremen Wetterereignissen wie Frost, Hagel, Starkregen oder Hitze überdecken sie ihre Plantagen immer häufiger teilweise mit einem Dach oder packen sie sogar vollständig ein.  

Geschützter Anbau von Erdbeeren im Folientunnel und auf Rinnen.

Folienregendächer beispielsweise schützen die heiklen Kulturen vor Wasserschäden, besonders anfällig sind hier etwa Kirschen und Beeren. Die Himbeere sei eine Diva, sagt Biobauer Michael Reichmuth aus Arth: «Ist es zu nass, faulen die Früchte, sind die Blätter zu trocken, gibt es eine Milbeninvasion.» Er baut sie deshalb geschützt unter einem Regendach an. Erdbeeren werden immer öfter geschützt vor Wettereinflüssen ganz in Folientunneln auf Substrat in Plastikrinnen angebaut. Das Risiko von Qualitätsverlusten und dadurch entstehendem Foodwaste sinken mit diesem effizienten Anbausystem. «Der geschützte Anbau ist allerdings kostenintensiv und anspruchsvoll», sagt Widmer. Bei einem Regendach brauche es zusätzlich eine Bewässerung, beim Anbau im Folientunnel seien Geräte für die Entfeuchtung nötig, eventuell braucht es eingekaufte Hummelvölker für die Bestäubung oder andere Nützlinge. Landwirte, die auf den geschützten Anbau und Technologie setzen, sind deshalb ganz besonders auf anständige Abnahmepreise angewiesen, um ihre hohen Produktionskosten zu decken. Und auf die Einsicht der Konsumentinnen und Konsumenten, dass technische Lösungen zunehmend Teil der Lösung von Umweltproblemen in der Landwirtschaft sein werden. 

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