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Dank High-Tech ganzjährig Bio-Tomaten produzieren

In Holland steht ein spezielles Gewächshaus. Es kann die Wärme des Sommers für die Heizperioden im Winter im Boden speichern. Im Glashaus von Bijo wächst Bio-Gemüse. Die Produktion basiert ausschliesslich auf erneuerbaren Energien.

High-Tech-GewächshausHolländische Bio-Tomaten während des ganzen Jahres. Das ist die Vision des Gemüseproduzenten Arno Jonker von der Firma Bijo aus Gravenzande an der holländischen Nordseeküste. Was nach energetischem Unsinn tönt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als technologisch ausgefeiltes Anbausystem unter Glas. Es erfüllt auf dem Papier alle Anbaukriterien des biologischen Landbaus. Bei Bijo handelt es sich um einen Familienbetrieb, den Arno Junker zusammen mit Vater Aad und Schwester Elma sowie weiteren Angestellten bewirtschaftet. Mit 16,6 Hektaren Unterglasanbau an vier Standorten zählt Bijo zu den grössten Gewächshaus-Biobetrieben in Holland.
Im Zentrum steht ein neu gebautes 2,6 Hektaren grosses Hightech-Gewächshaus. Bei diesem wird die Wärme des Sommers für die Verwendung während der kalten Jahreszeit im Boden gespeichert. Die in grossen Mengen im Gewächshaus anfallende Wärme wird im Sommer in eine Tiefe von 170 bis 200 Metern in Sandschichten gepumpt. Diese sind mit Grundwasser gesättigt und können die Wärme speichern. In der kalten Jahreszeit wird das 18 Grad warme Wasser zurückgeholt und mit Hilfe einer Wärmepumpe auf 50 bis 55 Grad erwärmt. Das geschlossene Gewächshaus bildet so seine eigene Energiequelle. Die gespeicherte Wärme reicht sogar für das Heizen eines grossen Teils der übrigen Gewächshäuser aus. Für die Kühlung und Entfeuchtung im Sommer läuft das System quasi umgekehrt. Im Winter wird dann im Untergrund kaltes Wasser von oben gespeichert.
Entwickelt hat das geschlossene Gewächshaus-System «Gesloten Kas» die holländische Firma Innogrow. Bisher wurden acht gebaut. Beim Gewächshaus von Arno Jonker handelt es sich um das Erste in der Biobranche. Speziell daran ist aber, dass es zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben wird. Hauptprodukte von Bijo waren bisher Radieschen und Salate. Mit dem neuen Gewächshaus wird die Produktions-Palette nun deutlich erweitert. 80 Prozent der Biotomaten und –paprika gehen in den Export.

Gewächshaus-Region

In der Region Westland in Holland stehen 5000 Hektaren industriell betriebene Gewächshäuser für den Anbau von Gemüse und Blumen. Auf engstem Raum buhlen sie um das in dieser Region relativ knappe Gut Sonne. Was diese an Wärme und Licht nicht hergibt, muss mit viel Energie erzeugt werden. In den grösseren und moderneren Gewächshäusern stehen deshalb in Holland mit Gas betriebene Wärmekraftkopplungs-Anlagen. Diese erzeugen neben Wärme vor allem Strom. Der Erlös aus dem Verkauf der Elektrizität dient den Gewächshausbetreibern zur Reduktion der Betriebskosten. Ohne solche Anlagen sind holländische Gemüseproduzenten heute gar nicht mehr überlebensfähig. Doch was bleibt, ist die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. In den meisten Fällen ist das Gas. Schon jetzt fürchten sich viele vor steigenden Preisen. Umso interessanter ist deshalb der Weg, den Biogemüse-Produzent Arno Jonker mit dem «Gesloten Kas» geht.

Bio-Tomaten im GewächshausGenug Wärme für den Winter

Es ist laut im Gewächshaus. Die Lüftung läuft auf Hochtouren an diesem Sommertag im holländischen Gravenzande. Niemand würde hier spontan an einen Biobetrieb denken. Ins Auge stechen vielmehr Chromstahl und dicke Plastikschläuche. Beim zweiten Blick entdeckt man tatsächlich Tomaten und Paprika. Biolandbau-konform in Erde und nicht wie sonst in Westland üblich in Steinwolle. An dicken Stahlträgern an der Decke hängt die Klimaanlage, aus der triebwerkartige Rohre herunterragen. Aus ihnen strömt kühle Luft in ein gigantisches Netzwerk von gelochten Plastikschläuchen. Sie sorgen dafür, dass es nicht zu heiss wird im Glashaus. Es ist gerade Erntezeit im Gewächshaus von Arno Jonker. Sind die frischen Tomaten gepflückt, senkt er das ganze Schlauchsystem per Knopfdruck um ein paar Meter runter auf den Boden zwischen die Reihen. Dort, wo zuvor die Erntewagen hin und her fuhren. Die Kühlung ist so näher bei den Pflanzen. Kein Detail, an das hier nicht gedacht wird. Das technologische Herzstück des Gewächshauses bildet der dröhnende Maschinenraum in der Mitte des Gewächshauses. Aus dem Boden ragen dutzende von dicken Rohren heraus, in denen das Wasser aus dem natürlichen Erdspeicher zu den Anlagen heraufgepumpt wird. Im gleichen Raum steht ein grosser Tank mit biozertifizierten Pflanzenölen. Mit ihm kann in Notfällen ein Boiler aufgeheizt werden. Er dient als Absicherung, wenn die Wärme aus dem Boden einmal nicht ausreichen sollte oder wenn der Strom für die Wärmepumpen ausfällt. «Die Wärme sollte aber zu 99 Prozent ausreichen um das Gewächshaus im Winter genug warm zu halten», sagt Arno Jonker. Den Strom für Pumpen, Licht oder Klimasteuerung bezieht er aus erneuerbaren Energiequellen. «Wir planen zudem den Bau einer Photovoltaikanlage gleich nebenan», sagt Arno Jonker.

Mehr CO2 im Gewächshaus

Geschlossene Gewächshäuser haben viele Vorteile: In keinem Anbausystem lässt sich beispielsweise die Umgebung besser kontrollieren. Dank optimierter Temperatur und Feuchtigkeit sind die Pflanzen weniger anfällig für Krankheiten. Schädlinge bleiben draussen, weil die Fenster geschlossen sind. Die Versorgung mit Wasser – gesammelt im eigenen Regenwasserauffangbecken – geschieht sehr effizient über ein Röhrensystem. Zudem wird das von den Pflanzen ausgedünstete Wasser wieder aufgefangen und für die Bewässerung wiederverwertet. Und zu guter Letzt entweicht das für das Wachstum der Pflanze wichtige CO2 nicht über geöffnete Fenster – wie sonst in Gewächshäusern im Sommer üblich. Die Glashäuser von Bijo sind an ein Pipeline-Netz angeschlossen, durch das CO2 von einer Öl-Raffinerie in Rotterdam fliesst. Diese senkt so ihren CO2-Ausstoss und trägt zu einer besseren CO2-Bilanz von Holland bei. Der CO2-Gehalt im geschlossenen Gewächshaus ist rund 3 Mal höher als in einem herkömmlichen. Die Erträge von den Pflanzen fallen deshalb deutlich höher aus. Etwa 2 Millionen m3 Gas spart Arno Jonker jährlich ein. So viel wie tausend holländische Haushalte verbrauchen. Die Anlage in Gravenzande kostete rund 8 Millionen Euro. «Davon hat der Staat im Rahmen eines Förderungsprogramms für innovative Heizungssysteme etwa 40 Prozent der Kosten übernommen», sagt Arno Jonker. Laut Hersteller lassen sich die relativ hohen Investitionskosten für ein «Gesloten Kas» durch Einsparungen in acht Jahren amortisieren.

Von Konsumenten akzeptiert?

Trotz aller – auch ökologischen – Vorteile: Das futuristische Glashaus passt nicht so richtig zum Image des biologischen Landbaus. «Es ist eine schwierige Aufgabe, diese fast schon industrielle Produktion kritischen Bio-Konsumenten zu erklären», sagt Michaël Wilde von der holländischen Bio-Vermarktungsfirma Eosta, die auch die Produkte von Bijo verkauft. Bei Bio-Tomaten würden viele immer noch meinen, dass diese unter dem freien Himmel wachsen, obwohl sie schon heute im professionellen Anbau meistens in Gewächshäusern angebaut würden. Doch ausser emotionalen Faktoren spricht eigentlich nichts gegen das «gesloten Kas» von Arno Jonkers.

www.bijo.nl

Veröffentlicht in Blog

Ein Kommentar

  1. haha ham mir grad in do schule

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