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Der Fischadler fehlt noch in der Sammlung (Luzerner Woche Juli 2006)

Ruedi Wüst stopft in seinem Atelier in Sursee Vögel und Kleinsäuger aus. Weniger Freude hat er an der Präparation von Haustieren. Er träumt davon, einmal einen Fischadler bearbeiten zu dürfen.

Mit seinen Händen zieht Ruedi Wüst dem Marder das Fell buchstäblich über die Ohren. TierpräparatorMit dem Skalpell entfernt er die Muskeln des Raubtieres von den Knochen. Das gereinigte und gegen Frass behandelte Fell zieht der Präparator über einen neu geformten Körper. Weitere Arbeitsschritte folgen, bis der Marder als ausgestopftes Präparat im Atelier in Sursee für den Kunden zum Abholen bereitsteht.
Schon in seiner Kindheit rannte Ruedi Wüst gerne den Vögeln nach. Doch es blieb nicht lange beim Beobachten alleine. Also investierte er das gesparte Geld schon bald in ausgestopfte Vögel. „Ich wollte natürlich wissen, wie es im Vogel drinnen aussieht,“ erzählt der heute 48-Jährige. Erste eigene Präparationsversuche mit gefundenen, toten Vögeln folgten. Sein Berufswunsch war damit geboren. Da es eine Lehre als Tierpräparator im klassischen Sinne nicht gibt, wählte er den Umweg über die Lehre als Schreiner. Nach dem Lehrabschluss folgten Aufenthalte als Vogelwärter an der Nordsee und Volontariate bei verschiedenen Präparatoren. Die vielen Jahre als faszinierter Tier-Beobachter im freien Feld machten ihm zu einem anerkannten Naturspezialisten. Deshalb ist er seit vielen Jahren in dieser Funktion im Auftragverhältnis für diverse Organisationen – darunter die Vogelwarte Sempach – tätig. Sein Haupteinkommen erzielt er aber mit dem Präparieren von Tieren.

Zwei Eisvögel und ein Rotmilan

Seit mittlerweile 25 Jahren bringen die Leute aufgefundene tote Tiere ins Atelier nach Sursee. Einen Finderlohn kann er aus gesetzlichen Gründen nicht bezahlen, denn tote Wildtiere gehören rechtlich dem Kanton, in dem sie gefunden werden. Jedes Präparat ist deshalb bewilligungspflichtig. Der notwendige Papierkrieg mit den Behörden gehört zum täglichen Brot eines Tierpräparators. Über mangelnde Arbeit kann sich Ruedi Wüst derzeit nicht beklagen: „Die Tiefkühler sind voll und die Lieferfrist beträgt fast ein Jahr,“ sagt er. Dabei kam er im letzten Winter ins Zweifeln, weil der Eingang an Tieren wegen der Vogelgrippe temporär stark zurückging: „Die verunsicherten Leute trauten sich nicht mehr, tote Tiere anzufassen.“ Doch die Situation hat sich wieder normalisiert: In den letzten beiden Wochen wurden mit zwei Eisvögeln und einem Rotmilan sogar eher seltene Vögel abgegeben.

Der Traum vom Fischadler

Ruedi Wüst konzentriert sich in seinem Geschäft auf die Präparation von Vögeln und Kleinsäugern. Exotische Tiere lehnt er grundsätzlich ab, ausgestopfte Gazellenköpfe sucht man bei ihm also vergeblich. Es gibt zudem immer wieder Leute, die ihren verstorbenen Kater Ausstopfen lassen möchten. Damit hat Ruedi Wüst seine liebe Mühe: „Es ist immer heikel, Liebgewonnenes mit einem Präparat verewigen zu wollen. Denn schliesslich hat man ja das lebende Tier gerne gehabt. „Er verlangt in solchen Fällen, dass der Auftrag nach einem halben Jahr erneuert wird. „Meistens ist es damit erledigt,“ schmunzelt er. Besonders gerne präpariert Ruedi Wüst übrigens neben Vögeln Mäuse, da diese kleinen Säuger besonders anspruchsvoll seien. Obwohl in den vielen Jahren schon unzählige Tiere durch seine Hände gingen, hat er noch einen Traum: „Ein Fischadler, der fehlt mir noch in der Sammlung!“

Veröffentlicht in Blog

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