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Der frische Salat aus der Dunkelkammer

bolligerChicorée zählt zu den beliebtesten Wintersalaten. Die Produktion ist aber anspruchsvoll. Die Biogemüsegärtner Regula und Niklaus Bolliger-Flury wissen, auf was es dabei ankommt.

Es lässt sich nur erahnen, was auf dem Biohhof Rigi in Hessigkofen ab dem Frühling wieder los sein wird: Wenn die frischen Salate auf den Feldern spriessen, sich die Bienen in den Apfelblüten gütlich tun oder Regula und Niklaus Bolliger-Flury ihre selbst gezogenen Tomatensetzlinge pflanzen. Doch jetzt ist Winterruhe. Was aber nicht heisst, dass die Betriebsleiter keine Arbeit mehr haben. Der Blick von aussen in die warme Stube des traditionellen Bauernhauses zeigt ihn gerade beim Beurteilen von Apfelsorten. Niklaus Bolliger züchtet leidenschaftlich neue Sorten, die sich für den biologischen Landbau eignen. Doch das ist eine andere Geschichte.

Salat aus der Dunkelkammer

Regula Bolliger-Flury ist auf dem nach biologisch-dynamischen Prinzipien geführten Betrieb für den Gemüseanbau verantwortlich. Auf zwei Hektaren pflanzt sie eine schier unglaubliche Vielfalt von Gemüse an, darunter auch eher exotische wie Artischocken oder Kardy. Wir sind heute aber auf der Suche nach einem anderen Spezialisten, der explizit nur in den kühlen Monaten wächst und das erst noch nur bei absoluter Dunkelheit. Regula Bolliger-Flury nimmt die Taschenlampe und öffnet die Türe zur kleinen, gut isolierten Brüsseler-Treiberei. Dort stehen im Dunkeln erntereife gelbweisse Zapfen, daneben eine andere Kiste nur mit Wurzeln. «Aus diesen wachsen in den nächsten Wochen die Brüsseler-Zapfen heraus», erklärt die Biogemüsegärtnerin. Schnell schliesst sie die Türe wieder zu: «Zu viel Licht ist nicht gut für den Brüsseler.» Bis der auch als Chicorée bezeichnete Wintersalat auf dem Markstand der Direktvermarkter liegt, braucht es einiges. Auch deshalb kultivieren ihn nur wenige Biogemüsegärtnereien in der Schweiz.

Zuerst braucht es Kälte

Aber wie ist Regula Bolliger-Flury auf den Chicorée gekommen? Es begann eigentlich mit einem Lehrling, der sich im Rahmen der Ausbildung zum biodynamischen Gemüsegärtner in seiner Jahresarbeit dem Brüsseler-Anbau widmete. Er testete auf dem Biohof Rigi verschiedene Anbauverfahren aus. «Das Verfahren mit den Wurzeln nur im Wasser ohne Erde funktionierte am Besten», sagt sie. Es geht beim Brüsseler also ganz zuerst einmal um die Wurzel. Die Samen für diese sät die ausgebildete Agronomin im Mai direkt auf dem Acker aus. Die im November geernteten Wurzeln müssen anschliessend zuerst im Kühlraum mindestens zehn Tage bei Temperaturen zwischen 1 und 2 Grad runtergekühlt werden. «So simulieren wir eigentlich den Winter», sagt sie. Diese Ruhephase brauche die Wurzel, damit nachher aus ihr innerhalb von zwei bis drei Wochen der Zapfen austreibe. Deshalb beginnt die eigentliche Brüsseler-Saison auf dem Biohof Rigi erst so richtig an Weihnachten. Vorher sei es eher schwierig. In den ersten Frühlingswochen wüchsen sie dann deutlich besser: «Die Pflanze spürt offenbar trotz Dunkelkammer und Kälte den Frühling.»

bolliger2Aus der Wurzel wächst der Zapfen

Die Wurzeln lagern in den Kühlräumen. Diese sind zurzeit prall gefüllt mit allerlei Lagergemüsen von der letzten Ernte. Diese Ware brauchen die Bolligers, schliesslich gehen sie auch im Winter jeden Samstag auf den Wochenmarkt nach Solothurn und füllen wöchentlich über fünfzig Gemüse-Säcke ab, die sie im Abonnement an die Kundschaft verkaufen. Wöchentlich holt Regula Bolliger-Flury neue Wurzeln aus dem Kühler, damit sie bis im Frühling regelmässig ernten kann. Pro Winter sind es über 1000 Zapfen. Die Wurzeln schneidet sie bis auf eine Länge von etwa 20 cm ab und stellt sie nebeneinander in die Kiste. «Für jeden Zapfen braucht es nur eine Wurzel.» In der Dunkelkammer wird die Kiste mit Wasser gefüllt. Dann gehe es von selbst, sagt die Biogemüsegärtnerin: «Unser Brüsseler braucht jetzt nur noch Temperaturen zwischen 12 und 16 Grad und Dunkelheit». Der Zapfen beziehe alle für das Wachstum nötigen Nährstoffe aus der Wurzel.

Mutterkühe liefern Dünger

«Haben Sie gewusst, dass man sogar die Brüsseler-Wurzel essen kann?» fragt Niklaus Bolliger, der seine Äpfel gerade für eine Kaffeepause verlassen hat und sich zu uns gesellt hat. Ein Marktkunde habe ihn auf die Idee gebracht, die Wurzeln nach der Ernte der Zapfen zu schälen und zu dämpfen. «Und siehe da: Es schmeckte ausgezeichnet!» Die meisten abgeernteten Wurzeln verfüttert er aber seinen sieben Mutterkühen und an die zehn Schafe. Die Tiere halten die Bolligers nicht nur für die Fleischproduktion sondern vor allem auch als Düngerlieferant für die Gemüsefelder. Biobauern ist es wichtig, dass die Nährstoffkreisläufe auf dem Betrieb möglichst geschlossen bleiben. Für das überzeugte Demeter-Paar ist das Ehrensache. Die Kundschaft auf dem Wochenmarkt dankt es ihnen mit langjähriger Treue.

www.biohof-rigi.ch

Veröffentlicht in Blog

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