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Eingangstor nach Aarau aus Glas

Was lange dauert, wird endlich gut. Aarau wartete zwanzig Jahre auf seinen neuen Bahnhof. Das Warten hat sich gelohnt.

Aarau überholt Zürich. Seit dem letzten Herbst hängt die grösste Uhr Europas nicht mehr am Zürcher Kirchturm St. Peter sondern am neu erstellten Bahnhof Aarau. Sein neues Wahrzeichen hat die Aargauer Kantonshauptstadt einem Zürcher zu verdanken: dem Architekten Theo Hotz. «Die Uhr war beim Neubau von Anfang an geplant», sagt der heute 83-Jährige. Es dauerte allerdings zwanzig lange Jahre, bis sich der provinzielle Aarauer Bahnhof endlich in den modernen Glaspalast verwandeln durfte, wie er sich heute präsentiert. Wohl auch wegen der langen Leidenszeit spricht Hotz heute nicht mehr allzu gerne über das Projekt: «Es ist wie mit einer alten Liebe: Eines Tages gehst Du nicht mehr hin.» Er sei einfach froh, dass Aarau nun endlich einen anständigen Bahnhof habe.
Ganz frisch im Amt schlug der Aarauer Stadtbaumeister Felix Fuchs im Jahr 1989 dem Kanton und der SBB als Erster einen Neubau des Aarauer Bahnhofs vor. Als Theo Hotz den ausgeschriebenen Architektur-Wettbewerb zwei Jahre später gewann, ahnte noch niemand, dass die Geburtsphase fast zwei Jahrzehnte dauern sollte. Um das Projekt von Theo Hotz planungsrechtlich sicherzustellen, war beispielsweise zuerst einmal eine Einzonung der Fläche nötig, die vorher in keinem Zonenplan eingetragen war. «Nur schon dieses Verfahren dauerte fünf Jahre», sagt Felix Fuchs.

Erhalten oder abbrechen

Neben der Option Neubau stand zudem aus Gründen des Denkmalschutzes lange ein Erhaltungsszenario des alten Bahnhofs zur Diskussion. Denn dessen Architekt war immerhin der bekannte Jakob Friedrich Wanner, der Erbauer des Zürcher Hauptbahnhofs. Doch bei der Renovation des Gebäudes in den 50er-Jahren nahm man es mit dem Denkmalschutz offenbar nicht allzu ernst. «Vom ursprünglichen Bahnhof aus dem vorletzten Jahrhundert war neben zwei bis drei Perronsäulen kaum etwas übrig geblieben», sagt der Stadtbaumeister. Bis die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission zu dieser Erkenntnis kam gingen weitere Jahre ins Land.

Nachdem die baurechtlichen Hürden genommen waren, entstanden neue auf politischer Ebene. So entschied der Aargauer Regierungsrat im Jahr 2002 unerwartet, das Lehrerbildungszentrum nicht wie geplant in den oberen Stockwerken des neuen Bahnhofs unterzubringen sondern in Brugg. Damit fehlten plötzlich die für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage nötigen Mieter. «Das Aarauer Bahnhofprojekt stand plötzlich wieder an einem kritischen Punkt», sagt Fuchs. Die folgende Bewerbung als Standort für das Bundesstrafgericht oder das Bundesverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Volk «rettete» das Projekt schliesslich und stimmte Krediten von Kanton und Stadt zu, die den Kauf der oberen Stockwerke erst ermöglichten. Die letzte Abstimmung fand 2008 statt. Erst jetzt war ernsthaft an Baukräne und Bagger zu denken. Erstaunlich daran: Die Pläne für das Gebäude mussten in der ganzen Zeit kaum angepasst werden. Für Felix Fuchs der Beweis, dass die Wahl des Projekts von Theo Hotz vor zwanzig Jahren richtig war: «Ein gutes Projekt ist zeitlos und darf nicht auf den Moment bezogen sein.»

Modernes Aarau

Nun spiegelt sich die Abendsonne in der imposanten Glasfassade des fünfstöckigen Gebäudes. Das Bahnhofs-Bijou bildet seit dem letzten Herbst das Eingangstor nach Aarau. Milch, Brot, Blumen oder Medikamente und Kleider auf die Schnelle gibt es nun endlich auch hier an sieben Tagen in der Woche. Und das Beleuchtungssystem sorgt in der Nacht auch äusserlich für den modernen Touch, den die Stadt in der Vergangenheit so sehr vermisste. Aarau ist im Aufbruch. Noch kann die Bahnhof-Umgebung nicht mit dem Neubau mithalten. Mit der Neugestaltung des Bahnhofplatzes im Verlauf der nächsten Monate soll sich das aber ändern.

PDF von publiziertem Artikel in AS-Kundenzeitschrift Lift.ch

Meyersche Stollen

Ein Kuriosum des Bahnhofs Aarau befindet sich im Untergrund: Der Industrielle Johann Rudolf Meyer baute vor über 200 Jahren ein weit verzweigtes rund zwei Kilometer langes Stollensystem unter der Stadt Aarau. Mit dem dort gesammelten Grundwasser betrieb er unter seiner Fabrik ein Wasserrad für den Antrieb der Maschinen. Im dritten Untergeschoss des Bahnhofs besteht mit dem «Aufschluss Meyerstollen» neu ein Zugang zu zwei Armen des Systems. Daten zu Führungen und mehr Informationen unter: www.meyerschestollen.ch.

 

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