Der im letzten Jahr lancierte Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK) zeigt, wie viel Energie ein Gebäude gesamthaft verbraucht. Vor allem bei älteren Liegenschaften deckt er Energielecks schonungslos auf, und zeigt wie sanierungsbedürftig sie sind.
Kauft sich jemand einen neuen Kühlschrank, dann zeigt ihm die aufgeklebte Energieetikette, ob das Gerät viel oder wenig Strom verbraucht. Bei einem Haus hingegen kauft man heute noch oft die Katze im Sack. Im schlimmsten Fall mit bösen Überraschungen bei der ersten Strom- oder Heizölabrechnung. Der im letzten Jahr lancierte Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK) will dies ändern. Ähnlich wie bei den Haushaltgeräten teilt der GEAK die Häuser je nach Energieverbrauch in die Kategorien A bis G ein. Allerdings ist die ökologische Bewertung eines Gebäudes ungleich komplexer als jene von Backöfen oder Waschmaschinen. Und in die Kategorie A schaffen es – im Gegensatz zu den Haushaltgeräten – nur die wenigsten Häuser.Der Energieberater Andreas Edelmann aus Zürich ist zertifizierter GEAK-Experte und hat im letzten Jahr für über 60 Gebäude einen GEAK ausgestellt. Sieben davon stehen in einer Siedlung in Zürich-Affoltern. Sie wurden allesamt um das Jahr 1946 nach identischen Bauplänen erstellt, mit gleichem Fundament und aus demselben Material. Jedes Haus hat in den folgenden Jahrzehnten seine eigene Geschichte durchlebt. Und das hat Folgen für die energetische Bewertung: «Trotz ursprünglich gleicher Ausgangslage reicht die Bandbreite in der Siedlung im heutigen Zustand von Kategorie C bis F», sagt Andreas Edelmann. Wer beispielsweise den Estrich vor Jahren nur behelfsmässig isoliert hat, landete in der tiefen Kategorie F. Ein Haus mit einem isolierten Dach und mit neuen Fenstern schaffte es zu einem D. Der Energieexperte zeigt beim Spaziergang durch das Quartier auf ein frisch saniertes, rosarot gestrichenes Haus mit neuen Fenstern und dicker Aussenfassade: «Dieses Haus erhielt mit der Kategorie C die höchste Bewertung in der Siedlung». Trotz umfassender Sanierung nur ein C? «Die Kriterien des GEAK sind streng», antwortet Andreas Edelmann. Selbst ein Haus, das den üblichen Minergie-Standard erfülle, werde nur in der Kategorie B eingestuft. In die gleiche Stufe übrigens, wie alle nach den aktuellen gesetzlichen Anforderungen erstellten Neubauten. In die oberste Kategorie A schaffen es nur Häuser, die noch einmal einen um 50 Prozent tieferen Wärmebedarf als Neubauten in der Kategorie B aufweisen, entsprechend dem Label Minergie P.
Aufwendige Recherchearbeit
Was in der Endbewertung mit einem simplen Buchstaben auf dem GEAK erscheint, ist das Resultat einer aufwändigen Recherchearbeit des Energieberaters vor Ort, kombiniert mit der Anwendung einer komplexen Software. Die Herausforderung: Wie berechne ich den Energieverbrauch eines Hauses nach einem standardisierten System, damit es mit anderen vergleichbar wird? Wenn Andreas Edelmann sich zum persönlichen Gespräch mit dem Auftraggeber trifft, nimmt er zuerst die Stromrechnungen oder Heizkostenabrechnung unter die Lupe. Doch um eine gültige Aussage zu machen, reicht das allein nicht aus. Denn es ist ein Unterschied, ob jemand den ganzen Winter in kurzen Hosen im auf 24 Grad beheizten Haus herumläuft oder sich einen Wollpullover überzieht und mit 18 Grad auskommt. Andreas Edelmann studiert deshalb auch die Pläne, schaut sich die Fenster und Mauern an, blickt in Estrich und Keller und erfasst Heizungstechnologie und Warmwasserproduktion. Nur geübte Experten-Augen können aus dieser Vielfalt die richtigen Schlüsse ziehen und beurteilen, wie es aus energetischer Sicht tatsächlich um das Haus steht.
Bei Minergie geht auch Gasheizung in Ordnung
Die Beurteilung im GEAK wird aufgeteilt in die Effizienz der Gebäudehülle und die Gesamtenergieeffizienz. Letztere zieht das Heizsystem, Beleuchtung und Haushaltgeräte mit in die Betrachtungen ein. «Die separate Beurteilung der Gebäudehülle macht Sinn, weil das Einsparen von Energie auch politisch erste Priorität geniesst», erklärt Andreas Edelmann. Wenn erst einmal weniger Energie benötigt werde, spiele nämlich die Wahl des Energieträgers letztlich eine weniger grosse Rolle. Deshalb sei beispielsweise ein Minergie-Haus mit Gasheizung auch ganz in Ordnung.
Wie weiter mit dem GEAK nach der Einführungsaktion?
Die Kantone lancierten den Gebäudeenergieausweis im letzten August mit einer Einführungsaktion: Die ersten 15 000 Hauseigentümer mussten nur 200 Franken für den GEAK und den Sanierungsbericht bezahlen, 1000 Franken übernahm der Staat. In kurzer Zeit war das Kontingent ausgeschöpft. Nach Ablauf der Aktion hat die Nachfrage nach dem GEAK nun aber deutlich nachgelassen. Eine weitere Subventionierung des GEAK findet Andreas Edelmann zurzeit trotzdem nicht sinnvoll, obwohl sein Geschäft sicher davon profitieren würde. Der Experte ist überzeugt, dass der Ausweis als Entscheidungshilfe auf dem Immobilienmarkt auch so zur festen Grösse wird: «Das geschieht spätestens dann, wenn die Energiepreise wieder steigen und kritische Grössen erreichen». Seine Kunden reagierten mehrheitlich positiv auf den GEAK. Edelmann schätzt, dass 30 Prozent seine Ratschläge für Sanierungsmassnahmen befolgen werden. Einige seien wohl enttäuscht gewesen, dass ihr Haus tief eingestuft wurde. Aber das sei genau das Ziel der Aktion: «Der GEAK untermauert quasi die Tatsache, das in den vielen älteren Liegenschaften in der Schweiz grosse Energieeinsparpotenziale brach liegen», so Edelmann.
Ich möchte mein Haus verkaufen und es ist ziemlich alt. Ich habe einen Termin mit einem Experten vereinbart, um die Energieverbrauchsbilanz meines Hauses bewerten zu lassen. Dies ist wichtig, um es verkaufen zu können. Ich verstehe, dass potenzielle Käufer die potenziellen Energiekosten berechnen wollen.