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Hofübergabe: «Fehlt das Vertrauen, wird es schwierig!» 

Viele Betriebe warten zu lange mit der Regelung der Hofnachfolge. Besonders im kapitalintensiven Gemüsebau braucht es eine professionelle Begleitung, um unerwünschte Spätfolgen zu verhindern. Der Experte Christoph Beyeler äussert sich dazu im Interview.

Christoph Beyeler bewirtschaftet selbst einen Landwirtschaftsbetrieb und weiss deshalb, wovon er spricht.

Welchen Fehler begehen landwirtschaftliche Betriebe am häufigsten, wenn es um die Hofnachfolge geht? 

Häufig warten sie zu lange, bis sie eine professionelle Begleitung beiziehen. Hofübergaben finden in der Regel höchstens zweimal im Leben statt. Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb gross, dass etwas vergessen geht. Gerade bei Spezialbetrieben wie im Gemüsebau wird zudem vieles komplexer. Ideal ist es, wenn die Beteiligten drei bis fünf Jahre vor der Übergabe zu uns kommen. Ich erlebe es immer wieder, dass die Betriebe erst ein Jahr vorher oder gar nachträglich zu mir kommen. Wenn sie merken, dass sie keine Direktzahlungen mehr erhalten.

Wie läuft ein erstes Treffen mit Ihnen als Berater ab?

Ganz zuerst gehe ich vor Ort auf den Betrieb und schaue, wie es dort aussieht. Mit dabei sind alle direkt Beteiligten, inklusive Partnerinnen und Partner. Sonst aber niemand, auch keine weiteren Geschwister. Ich spüre dann schnell, wie die zwischenmenschliche Stimmung ist. Wie gross ist die Bereitschaft wirklich, Verantwortung an die jüngere Generation abzugeben? Diese emotionale Ebene ist bei Hofübergaben essenziell. Wenn das nicht passt, rate ich der abtretenden Generation, auch räumlich den Betrieb zu verlassen. Gerade bei Gemüsebaubetrieben ist – wenn sie ihren Job anständig gemacht haben – am Ende normalerweise auch Geld übrig, um eine Miete zahlen oder eine Eigentumswohnung kaufen zu können.

Viele wünschen sich aber den Verbleib von mehreren Generationen auf dem Betrieb.

Ich sage jeweils: Wenn ihr auskommt, dann habt ihr die beste Zeit eures Lebens. Wenn die ältere und die jüngere Generation beide im Betrieb arbeiten, mit klar zugeordneten Verantwortungsbereichen. Wohnsituation abgegrenzt, Geschäft und Privates sauber getrennt. Viele sind froh, wenn sie Verantwortung an die jüngere Generation abgeben und die Rolle des «Büezer» übernehmen können. Wenn aber das Vertrauen fehlt, wird es schwierig!

Was ist bei Gemüsebaubetrieben speziell im Vergleich zur üblichen Landwirtschaft?

Es geht oft um viel Personal, hohe Umsätze und viel gebundenes Kapital. Zudem wurde mit den Jahren viel spezielles Know-how aufgebaut, welches zuerst einmal an eine Nachfolge übertragen werden muss. Das sind hohe Bürden, die diese tragen muss. Viele Junge möchten sich das nicht antun, respektive können es gar nicht.

Welche Lösung sehen Sie in solchen Fällen?

Eine Möglichkeit bietet sich mit der Auslagerung des operativen Geschäftes in eine juristische Person als GmbH oder Aktiengesellschaft (AG). Das mit dem Boden verbundene Eigentum wie Gebäude, Infrastruktur und Land wird separat geregelt. Hier gilt das bäuerliche Bodenrecht und ermöglicht damit die Übernahme zum Ertragswert. Die Liegenschaft verbleibt in der Familie, die diese dann beispielsweise an die AG mit dem operativen Teil verpachtet. Um die Kriterien der Direktzahlungsverordnung zu erfüllen, müssen innerhalb der AG 66 Prozent der Aktien und bei einer GmbH 75 Prozent der Stammanteile durch direktzahlungsberechtigte Personen gehalten werden. Diese Personen können aber auch von ausserhalb der Familie kommen. Die juristische Person ermöglicht so die Anstellung und Beteiligung von guten externen Leuten, die Verantwortung auf Führungsebene übernehmen. Bei grossen Gemüsebaubetrieben geht es immer mehr in diese Richtung.

In Gemüsebaubetrieben ist meistens viel Kapital gebunden. Innerfamiliär erfolgt die Übergabe deshalb oft über Darlehen. Wo liegt hier das Problem?

Hier spielen immer auch Emotionen mit. Die Übergebenden sind froh, wenn sich eine Nachfolge anbietet und das Lebenswerk weitergeführt wird. Sie rollen den roten Teppich aus. Es erfolgt eine Übernahme des Betriebs zu Lebzeiten über ein Darlehen, als Erbvorbezug oder Schenkung. Doch häufig gehen mögliche Miterbende vergessen. Diese können dann nach dem Ableben der Eltern klagen und Ansprüche geltend machen.

Wie kann man das verhindern?

Letztlich kann die übergebende Generation selbst entscheiden, zu welchem Preis sie im Fall einer operativen AG die Aktien weitergibt. Eine Möglichkeit ist, alle Erbberechtigten gleich mit zu beteiligen. Aber Achtung vor dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) und der Direktzahlungsverordung (DZV). Falls eine Bevorzugung stattfindet, braucht es erbrechtliche Bestimmungen im Kaufvertrag der Liegenschaft, welche die Miterben auch zu unterzeichnen haben.

Welche Risiken bestehen für den Betrieb bei hohen privaten Darlehen?

Tatsächlich stelle ich in der Praxis fest: Je teurer die Betriebe, desto höher die privaten Darlehen. Die abtretende Generation sagt, dass sie das Geld gerade nicht benötige. Das Darlehen bleibt dann oft ohne Tilgungspflicht stehen. Bei hohen Beträgen wird das nicht nur wegen des Erbrechts gefährlich. Werden die Eltern beispielsweise zu teuren Pflegefällen, wird das Kapital plötzlich gebraucht, obwohl dieses oft nicht gerade flüssig vorhanden ist. Es ist deshalb besser, solche Darlehen mithilfe der Bank und Kreditkassen sowie mit eigenen Mitteln zu splitten und die Risiken so besser aufzuteilen.

Wie einfach ist es, externe Finanzierungsquellen anzuzapfen?

Tatsächlich erlebe ich es immer wieder, dass bei ausserfamiliären Hofübergaben die landwirtschaftliche Kreditkasse kein Geld gibt, weil die Tragbarkeit gerade bei teuren Spezialbetrieben nicht gegeben ist. Dann muss man mit der Bank direkt verhandeln oder mögliche private Darlehensgeber beispielsweise in vorgelagerten Bereichen angehen. Etwas einfacher ist es, wie zuvor erwähnt, wenn das operative Geschäft ausgelagert ist und dieses etwa die Flächen und Treibhäuser pachten kann. Das Ganze wird so günstiger und dadurch attraktiver für einen externen Käufer.

Weshalb sind ausserfamiliäre Übernahmen von kleineren Gemüsebaubetrieben eher schwierig?

Die Suchenden haben Wunschkandidaten und Vorstellungen, wie der Betrieb weiterlaufen soll. Oft haben aber gerade Leute, welche ihre vermeintlichen Werte und Ansichten teilen, kein Geld. Viele Interessenten haben zu romantische Vorstellungen von der Landwirtschaft. Sie sind sich nicht bewusst, dass wirtschaftliche Aspekte entscheidender sind als ideologische.

Christoph Beyeler berät Landwirtinnen und Landwirte zu Fragen des bäuerlichen Bodenrechts, der Raumplanung, Betriebsumstellungen, Hofübergaben und weiteren Bereichen. Der ausgebildete Agronom war mehrere Jahre Geschäftsführer von AGRO-Treuhand Sursee, arbeitete als Lehrer und Berater am LZ Liebegg, hat einen Lehrauftrag am LBBZ Schluechthof und betreibt mit dem Beyeli-HOF einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Zusammen mit Raphael Amrein gründete er vor rund zwei Jahren die Team Terra GmbH, welche unabhängige Beratungen für Landwirtschaftsbetriebe anbietet.

 www.teamterra.ch

Veröffentlicht in Blog

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