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Illusion Selbstversorgung

 

haberEin hoher Selbstversorgungsgrad mit eigenen Agrargütern gilt als Qualitätsmerkmal. Der Schweizer Inlandanteil von 60 Prozent kann sich also sehen lassen. Doch ist es tatsächlich eine gute Nachricht, wenn die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft stolz verkündet, dass die Schweiz im letzten Jahr zu rund 80 Prozent mit eigenem Fleisch versorgt wurde? Für die Fleischproduzenten wohl schon. Und für die Importeure von Futtermitteln auch. Vor allem Letztere sorgen nämlich dafür, dass solche Werte überhaupt erreicht werden können. Die Ausdehnung der Geflügelproduktion und die Spezialisierung in der Milchherstellung ist nur mit Hilfe von ausländischen Ackerflächen machbar: Nur 10 Prozent der Eiweissfuttermittel wachsen in der Schweiz.
Erlauben Sie mir ein Gedankenspiel: Wie würde die Schweizer Landwirtschaft aussehen, wenn in den nächsten fünf Minuten in der Schweiz alle Grenzen schliessen würden? Der Diesel für die Traktoren und Kunstdünger würden fehlen und damit die Eckpfeiler des landwirtschaftlichen «Erfolges» der letzten Jahre. Die Fleischproduktion müsste ohne Proteine von brasilianischen Äckern auskommen. Natürlich gäbe es entsprechend weniger Gülle und Mist, die bei geschlossenen Grenzen aber die wichtigsten Dünger wären. Die Kulturen wären Schädlingen und Krankheiten schutzlos ausgeliefert, ohne die Pflanzenschutzmittel der global operierenden Konzerne. Eine Hungersnot wäre absehbar. Bei längerem Fortdauern würden die Kulturen aber den Standorten angepasst: Gras in den Hügelgebieten für die Milch- und Fleischproduktion, Getreide im Tal auf kleinen Äckern mit vielfältigen Fruchtfolgen, um die Schädlinge in den Griff zu bekommen und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Schweizer Wein gäbe es wohl nicht mehr und dazu weniger Fleisch. Willkommen in der nachhaltigen Landwirtschaft!

Dieser Text ist als Kolumne in der Lebensmittelfachzeitschrift Alimenta erschienen.

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