Beim Verarbeitungsgemüse hat der Vertragsanbau eine lange Tradition. Immer öfter schliessen Verarbeiter auch im Frischebereich Anbauverträge ab, oft zu Fixpreisen. Der Verband möchte aber lieber, dass hier der Markt spielt.
Ist von Vertragslandwirtschaft die Rede, denken viele landläufig zuerst an Gemüsekörbe oder andere Formen von Lieferdiensten. Bei diesen regionalen Vermarktungsprojekten besteht ein Vertrag zwischen Konsumenten und Produzenten, der Qualität, Menge, Produktionsweise, Preise und Lieferbedingungen festlegt. Ähnliches regeln auch Anbauverträge, die zwischen der Produktion und Verarbeitern abgeschlossen werden. Diese Art von Vertragslandwirtschaft gibt in der Branche deutlich mehr zu reden. Bei den typischen Verarbeitungsgemüsen – Bohnen, Erbsen, Spinat und Karotten –, bestehen seit vielen Jahren Musterverträge. Die Abnehmer und Produzenten verhandeln die Abnahmepreise gemeinsam aus. Obwohl sich auch hier die Preise eher nach unten als nach oben bewegen, sind diese Verhandlungen breit abgestützt. Anders ist die Situation beim Frischgemüse.
Unterschiedliche Vertragsbedingungen
Der Trend nach Fertigsalaten und anderen Convenience-Produkten ist ungebrochen. Die Hersteller sichern sich ihre Rohstoffe mit Anbauverträgen, die sie mit Gemüseproduzenten oder «normalen» Bauern abschliessen. Darin sind Liefertermine und -mengen sowie meistens auch der Preis festgelegt. Die fixierten Preise werden oft als zu tief betrachtet. Beispielsweise bei Eisberg-Salat, einem beliebten Vertragsgemüse. Pal Gyula von Eisberg Schweiz bestätigt, dass die Abnahmepreise in den letzten Jahren eher gesunken seien. «Doch neue Sorten bringen heute auch mehr Ertrag, womit sich das auffangen lässt», sagt er. Die Preise variieren je nach Abnehmer, genauso die Vertragsbedingungen. Das Problem: Die Abnehmer können ihre Macht ausspielen, weil es mehr als genug Gemüseproduzenten gibt, die liefern möchten. Wer die Vertragsbedingungen nicht erfüllt, kann problemlos durch einen Kollegen ersetzt werden. Was passiert also, wenn ein Produzent die festgelegte Menge nicht liefern kann? Dann suche man zuerst nach den Gründen, sagt Pal Gyula von Eisberg Schweiz. «Niemand kann schliesslich etwas dafür, wenn es hagelt.» Eisberg Schweiz sichere sich aber sowieso mit genug Vertragsflächen ab, um auch in solchen Fällen ausreichend Ware zu haben. Etwas anderes sei es natürlich, wenn der Produzent aus eigenem Verschulden den Vertrag nicht erfüllen könne, so Gyula.
Die Angst, die Menge nicht zu erfüllen, treibt viele Produzenten dazu, lieber etwas mehr als weniger anzubauen. Vor allem Anbauer mit wenig Erfahrung. Keine Freunde machen sie sich bei ihren Kollegen, wenn sie die Übermengen dann zu Kampfpreisen auf dem freien Markt loswerden möchten.
Auch deshalb hat sich der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) jahrelang gegen fixe Jahrespreise beim Frischgemüse gewehrt. «Im Frischebereich soll grundsätzlich der Markt spielen», sagt VSGP-Direktor Pascal Toffel. Der Verband sei aber gesprächsbereit. Der Trend nach Convenience sei schlicht eine Realität. Man wolle sich dieser Entwicklung nicht verschliessen und suche deshalb nun das Gespräch mit den Verarbeitern, so Toffel. Und man sei dabei durchaus auf offene Ohren gestossen. Bei der weiteren Entwicklung könnte allenfalls der «klassische» Verarbeitungsgemüsesektor als Vorbild dienen, wo Musterverträge für klare Verhältnisse sorgen.
Chance für kleinere Produzenten
In der Branche selbst gehen die Meinungen über Anbauverträge immer noch auseinander. Die einen sehen sich grundsätzlich in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Die anderen ärgern sich über die «programmierte» Überproduktion. Wiederum andere hingegen haben sich längstens mit der Vertragsproduktion arrangiert und betrachten sie als einen Teil der Produktepalette, für den der Absatz garantiert ist. Nicht vergessen werden darf zudem, dass viele kleinere Produzenten von dieser Art der Angebotsbündelung profitieren, weil sie alleine gar nie auf eine Menge kommen würden, die sie für die Abnehmer interessant macht.
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