Der Gemüsegärtner Arne Eggers produziert in seinem Gewächshaus vierzehn verschiedene Tomatensorten. Er liefert sie direkt an Rewe-Filialen in Hamburg. Den Mitarbeitern zahlt er mehr als den vorgeschriebenen Mindestlohn aus.

Gemüseanbau in Hamburg? Ja, den gibt es tatsächlich. Im letzten Jahr bauten im Stadtstaat rund 57 Betriebe auf 171 Hektaren Gemüse an. Einer von ihnen ist Arne Eggers am Ochsenwerder Elbdeich. Mit den grünen Wiesen, Hecken und den Äckern sieht es dort allerdings gar nicht nach Stadt aus. Die «Marschlanden» sind seit Generationen ein Naherholungsgebiet für die Menschen der Zwei-Millionen-Metropole. 200 Meter östlich des Betriebs fliesst hinter dem Deich die Elbe durch. Neben ein bisschen Freilandanbau mit Sellerie steht das 0.5 Hektar grosse Gewächshaus mit 14 verschiedenen Tomatensorten im Zentrum des seit sechs Generationen bewirtschafteten Familienbetriebs. Darunter auch die urtümliche Fleischtomaten-Sorte «Vierländer Platte». Sie wächst seit Anfang des 19. Jahrhunderts auf den lokalen Gemüsebaubetrieben und hat sich durch Zucht an die norddeutschen Gegebenheiten angepasst.
Erneuerbare Energien
Seit ein paar Jahren produziert Arne Eggers im Gewächshaus bodenunabhängig mit Substratkulturen. Vorher baute er dort im Winter Stiefmütterchen und nach den Tomaten Salate an. Sein Vater erinnert sich noch an Kühe und Schweine, heute hilft er auf dem Betrieb mit. «Die Umstellung und Spezialisierung hat viel Ruhe in den Betrieb gebracht», so Arne Eggers. Er ist der einzige regionale Tomatenproduzent in dieser Grösse und belegt so eine nützliche Alleinstellungsposition. Jährlich erntet er rund 100 Tonnen. Neben dem Gewächshaus baut er auf 800 Quadratmetern zusätzlich noch Tomaten in Folientunnels an, die aber erst im April gepflanzt werden. Die Nachfrage nach regionalen Produkten sei gross. Er produziert zudem umweltfreundlich mit erneuerbaren Energien, was bei der Kundschaft gut ankomme. Die Wärme für die Heizung und den Strom für die Beleuchtung bezieht er über einen Contractor vom mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk auf dem Betrieb. Die Wärme kostet ihn 8.8 Cent, der Strom 20.2 Cent pro Kilowattstunde.

Regionalität und Vielfalt zahlen sich aus
Rund 70 Prozent der Ernte verkauft er zum Fixpreis direkt an die Hamburger Rewe-Filialen, der Rest geht über einen Händler im Grossmarkt weg. Den Abnahmepreis will er zwar nicht nennen. Doch im Verkaufsregal seien sie mit 9.90 Euro pro Kilo ausgeschrieben. Importierte Ware koste etwa gleich viel. Die Regionalität und seine Vielfalt machten aber den Unterschied. Die Tomaten erntet er als einziger Gemüsegärtner in Hamburg bereits ab Ende März bis Anfang November. Die lange Erntephase ist ein weiterer Vorteil im Absatz.
Unschön sind seine Erinnerungen an das Jahr 2022. Als die Energiepreise durch die Decke gingen, hätten die dadurch nötigen höheren Verkaufspreise zu einem empfindlichen Rückgang im Absatz geführt. Auch deshalb hat er sich mit der Verarbeitung von nicht verkaufbaren Tomaten zu Ketchup, Pestos und anderen leckeren Saucen noch ein weiteres Standbein aufgebaut.

Mindestlohn reicht nicht
Bei Arne Eggers arbeiten vier Leute aus Polen und Mazedonien fix, während der Saison kommen zwei Personen für die Ernte dazu. Arbeitskräfte für die langen Arbeitstage in den Sommermonaten zu finden, sei in der «Hochpreis-Region» aber schwierig, sagt er. Da hilft es auch nicht, wenn in der Winterzeit deutlich weniger gearbeitet wird, um auf die Jahresarbeitszeit von 8.5 Stunden pro Tag zu kommen. Für den in Deutschland vorgeschriebenen Mindestlohn von zurzeit 12.82 Euro pro Stunde finde er auf jeden Fall keine Mitarbeitenden. Je nach Qualifikation bezahlt er diesen deshalb zwischen 14 und 22 Euro die Stunde. Die Lohnkosten belaufen sich monatlich auf rund 15 000 Euro, dazu kommen Energiekosten von 10 000 Euro pro Monat. Arne Eggers schaut trotz allen Herausforderungen zuversichtlich in die Zukunft und hofft, mit den zeitgemässen Einrichtungen eine Basis für die nächste Generation gelegt zu haben.
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