Der Seeländer Gemüsegärtner Michel Arn produziert veganes Biogemüse. Anstatt mit tierischen Düngern arbeitet er dabei konsequent nur mit Gründüngungen. Das Interesse an seinem zertifizierten Gemüse ist allerdings beschränkt, auch weil als vegan empfundenes Gemüse oft gar nicht vegan im eigentlichen Sinne der Idee angebaut wird.
Die Karottendämme erstellt Michel Arn nach der gemulchten und eingefrästen Gründüngung.
Biogemüsegärtner Michel Arn aus Büetigen im Berner Seeland isst gerne Eier und Käse. Einem guten Stück Fleisch ist er zwischendurch auch nicht abgeneigt. Trotzdem baut er auf 22 Hektaren Fläche veganes Biogemüse an. Wie kommt es dazu? Als seine Kolleginnen und Kollegen vor etwas mehr als drei Jahren an einem Treffen über die vollen Bio-Lager und die schwierige Marktsituation klagten, sprudelte es mehr aus Jux aus ihm heraus: «Kein Problem, dann produziere ich halt als Spezialität veganes Gemüse». Alle hätten sie gelacht inklusive ihm selbst, erzählt Arn vier Jahre später. Doch die Saat war gelegt. Er machte sich im Internet schlau und blieb beim biozyklisch-veganen Anbau hängen. Nach einem Besuch eines Kurses des Förderkreises biozyklische-Veganer Anbau in Leipzig beschloss er, seinen Betrieb künftig nach deren Prinzipien zu betreiben. «Das fiel mir ziemlich leicht, weil ich schon viele der verlangten Voraussetzungen erfüllte», sagt er. Und eigentlich hatte er schon länger genug vom Pferde- und Kuhmist, den er als viehloser Betrieb zuvor mit viel Diesel herankarrte und auf seinen Parzellen verteilte. Nicht nur, weil immer mehr Mikroplastik im Boden liegenblieb: «Ich hatte einfach das Gefühl, dass der Mist nicht gut für meine Böden ist.» Er organsierte seinen Anbau radikal neu, mit dem Ziel, überhaupt keinen Dünger mehr von aussen zuzuführen. Er verzichtete dabei auch auf Kompost, weil dies wiederum Fahrten verursache und dazu die Qualität oft mangelhaft sei, erklärt er.
Gründüngungen sollen es richten
Spargeln nach abgefrorener Gründüngung im Mai.
Arn setzt seither noch konsequenter auf Gründüngungen. Er bastelt am eigenen Anbausystem, das sich in kein Schema drängen lässt. Dabei begeht er unkonventionelle Wege und vieles sei Gefühlssache und auf seinen Standort und dessen Bedingungen angepasst. Das Mulchgerät und die Umkehrfräse sind nun die wichtigsten Geräte auf dem Betrieb, einen Pflug braucht er schon lange nicht mehr. In den Spargeln sät er beispielsweise nach der Ernte eine abfrierende Gründüngungsmischung unter anderem mit Mais und Sonnenblumen ein, die er im Frühling zwischen den Spargelreihen einfräst. Vor dem Setzen von Rosenkohl oder dem Säen von Karotten fräst er den Mulch 15 Zentimeter tief ein, und schafft so ein sauberes Beet. «Es muss aussehen, wie ein konventioneller Gemüseacker.» Entwickeln sich die Bohnen nicht wunschgemäss, sät er lieber direkt eine Weizen-Wicken-Mischung in den stehenden Bestand als Gründüngung ein. «Ich ernte nur vermarktungsfähige Ware», erklärt er ein weiteres Grundprinzip. Denn als Quereinsteiger in den hart umkämpften Gemüsemarkt könne er nur mit Top-Ware punkten. Ausser Rosenkohl und Karotten zählen unter anderem Zwiebeln, Weisskohl, Chicoréewurzeln, Kartoffeln oder Zuckerrüben zu seinem Angebot. Typische «Rohstoffe» für vegane Produkte wie Sojabohnen, Linsen oder Kichererbsen produziert er Mangels Rendite übrigens nicht mehr.
Mit dem Spaten prüft Michel Arn, ob es vor dem Einfräsen der Gründüngung nicht zu viele Würmer in der obersten Bodenschicht hat.
Veganes Gemüse wirklich ohne Kuhmist
Michel Arn liess sich 2020 als erster und immer noch einziger Schweizer Betrieb als biozyklisch-vegan zertifizieren und darf deshalb das entsprechende Label verwenden. Gebracht habe ihm das allerdings nicht viel, sagt er. Sein Gemüse vermarktet er über die üblichen Kanäle. Ein spezieller Markt gibt es in der Schweiz für gelabeltes veganes Biogemüse nicht, auch weil viele Konsumentinnen und Konsumenten das offenbar nicht einordnen können. «Viele Veganer sind sich nicht bewusst, dass der grösste Teil des Biogemüses auf Kuhmist oder Hühnerfeder-Präparten gewachsen ist», sagt er etwas ernüchtert. Die Vegan-Szene hat dazu auch keine klare Haltung, so erlaubt beispielsweise das V-Label – als bekanntestes Gütesiegel für vegane Produkte – den Einsatz von tierischem Dünger (siehe Kasten). Im biozyklischen-veganen Anbau sind pflanzliche Bio-Handelsdünger zwar erlaubt, doch von denen hält Arn nicht viel. «Da karrt man palettenweise teure Ware aufs Feld mit tiefen Stickstoffgehalten und wenig Wirkung.» Da komme er mit gemulchtem Gras respektive einer Gründüngung mit stickstoffbindenden Leguminosen weiter, die er teilweise als Transfermulch von einem separaten Feld entnimmt und auf der Gemüseparzelle einarbeitet.
Viele seiner Kolleginnen und Kollegen glauben ihm nicht, dass es möglich ist, vermarktungsfähiges Gemüse ohne Verwendung von externem Dünger nur mit Gründüngungen und einem «gesunden» Boden zu produzieren. Doch seine Abnehmer attestierten ihm gerade bei den Karotten und Zwiebeln eine sehr gute Qualität, sagt Arn. Sogar im Vergleich mit konventioneller Ware schliesse er gut ab.
Kosten minimieren als Prinzip
Die Zertifizierung für die biozyklisch-vegane Produktion wird Michel Arn voraussichtlich nicht mehr erneuern lassen. Er glaubt nicht daran, dass ein grosser Abnehmer einsteigen wird. Trotzdem hält er an den biozyklisch-veganen Prinzipien fest, weil er überzeugt ist, dass es für seinen Boden besser ist, wenn dieser keine tierischen Dünger erhält. Er arbeitet zudem permanent an der Optimierung der Betriebskosten. Er kommt deshalb bewusst mit wenigen externen Arbeitskräften aus, die er nur punktuell einsetzt. Seine Frau arbeitet zu 50 Prozent mit. Setzarbeiten oder das Jäten lässt er von Lohnunternehmen erledigen. «Weil ich keinen Dünger oder Mist mehr verteilen muss, spare ich Kosten und zusätzlich Zeit ein», erklärt er. Für die wenigen Pflanzenschutzmassnahmen sowie ein bisschen Pflanzenstärkungsmittel wende er keine 2000 Franken im Jahr auf. Zudem studiert Arn nicht nur die Kataloge von Gründüngungsanbietern aufmerksam, sondern auch aktuelle Direktzahlungsreglemente, um möglichst viele Beiträge für seinen «extensiven» Gemüseanbau abzuholen. Und da ist er mit seiner bodenschonenden Bearbeitung ohne Herbizide und den vielen Gründüngungen gut unterwegs.
WANN IST GEMÜSE VEGAN? Die Bezeichnung «vegan» ist rechtlich nicht bindend geregelt. Das bekannteste Gütesiegel «V-Label Vegan» bezieht sich vor allem auf den Inhalt des Lebensmittels, das keine tierischen Bestandteile enthalten darf. Die Produkte, Zutaten, Inhaltsstoffe und Verarbeitungsprozesse werden bei der V-Label-Lizenzierung ab der Ernte berücksichtigt. Es werden keine Anforderungen an die Düngung des Bodens gestellt, auf dem Rohstoffe für V-Label-Produkte angebaut werden. Es sind auch pflanzliche Rohstoffe erlaubt, deren Anbaufläche mit Stoffen tierischer Herkunft gedüngt wurde sowie mineralische Kunstdünger. Die Organisation empfiehlt nur, «wo immer möglich», Rohstoffe aus biologisch-veganer Landwirtschaft zu bevorzugen und auf tierische Stoffe bei der Düngung zu verzichten. Konsequenter im veganen Sinn ist die biozyklisch-vegane Produktion, welche von der Schlachttierhaltung grundsätzlich wegkommen will und den Einsatz von tierischen Rohstoffen als Dünger auch in der Produktion untersagt. www.v-label.com www.biozyklisch-vegan.de |
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