Zum Inhalt springen →

Von der Coiffeuse EFZ zur Gemüsegärtnerin EFZ

urbancekSeline Urbancek arbeitet während der Ausbildung zur Gemüsegärtnerin EFZ weiter auf dem eigenen Betrieb. Artikel 32 der Berufsbildungsverordung macht es möglich.

Der Gewächshausbetrieb von Tom Zurmühle liegt malerisch am Ufer des Vierwaldstättersees, eingebettet in die hübsche Hügellandschaft von Hertenstein. Dank dem milden Klima wächst das Gemüse hier besonders gut. Die Grosseltern des Gemüsegärtners fuhren früher noch mit dem Gemüse im Boot nach Luzern an den Markt. Irgendwie leuchtet es ein, dass Seline Urbancek lieber hier arbeitet als in der Stadt in Luzern. Sie ist die Tochter der Partnerin von Tom Zurmühle und lebt seit ihrem sechsten Lebensjahr auf dem Betrieb. So ist sie zum Gemüse gekommen. «Zurückgekommen» muss man eigentlich sagen. Denn gelernt hat die heute 29-Jährige vor zehn Jahren Coiffeuse und danach besuchte sie noch eine Kosmetikschule. «Ich suchte einen Job, in dem ich beides kombinieren konnte.» Doch der tiefe Verdienst in dieser Branche brachte sie arg ins Grübeln, die lange Fahrt zum Arbeitsplatz mit dem Auto kam noch dazu.
Die Lösung bot sich zu Hause in Hertenstein: Vor sechs Jahren richtete sie sich auf dem Betrieb ein kleines Haar- und Kosmetikstudio ein. Am Morgen übernahm sie die Konfektionierung und Belieferung der Restaurants mit frischem Gemüse, am Nachmittag schnitt sie Haare. Dann sei der erste Teil immer grösser geworden, sagt die junge Frau. Plötzlich stand die Frage der Betriebsnachfolge im Raum. Der dafür vorgesehene leibliche Sohn von Tom Zurmühle schlug einen anderen Weg ein. Seline Urbancek aber konnte sich die Zukunft auf dem Gemüsebaubetrieb vorstellen. Doch für Sie war klar, dass sie sich noch mehr vor allem theoretisches Wissen aneignen wollte. Die «normale» Lehre zur Gemüsegärtnerin auf einem fremden Betrieb zu machen, wäre für die mittlerweile verheiratete Frau aber nicht in Frage gekommen. «Ich bin beruflich und familiär auf dem Betrieb voll integriert». Gesucht war also eine Ausbildungsmöglichkeit für Quereinsteigerinnen wie sie, mit viel praktischer Erfahrung. Die Lösung hiess Artikel 32 der Berufsbildungsverordnung: Dieser erlaubt den Erwerb eines eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses (EFZ), wenn mindestens fünf Jahre Erfahrung im angestrebten Beruf nachgewiesen werden können.
Diesen Nachweis konnte Seline Urbancek problemlos erbringen. Weil Sie bereits eine Lehre abgeschlossen hat, konnte sie im zweiten Lehrjahr einsteigen und besucht seither die Schulstunden im Inforama in Ins und die Überbetrieblichen Kurse (ÜK). Der Besuch dieser Lektionen ist die Voraussetzung, um zur Schlussprüfung zugelassen zu werden. Die Schule betrachtet sie aber keinesfalls nur als nötiges Pflichtprogramm zur Erreichung des EFZ. Sie sei froh über jegliches zusätzlich erworbenes Wissen über den Gemüseanbau. «Als Mitarbeiterin auf einem Gewächshausbetrieb kann ich beispielsweise viel über den Freilandanbau lernen.» Im nächsten Jahr wird sie die Prüfungen ablegen nach den Bedingungen des Artikels 32. Und danach hat sie viel vor auf dem eigenen Betrieb: «Wir werden den Betrieb auf Bio umstellen.»

 

—————————————————–

Artikel 32 BBV Selbständige Nachholbildung

(ep) Nach Artikel 32 der Berufsbildungsverordnung haben Erwachsene die Möglichkeit, ohne berufliche Grundbildung das Fähigkeitszeugnis eines Berufes zu erwerben. Die Voraussetzung ist unter anderem der Nachweis von fünf Jahren Berufspraxis, davon 3 Jahre im angestrebten Beruf ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Danach braucht es keinen Lehrvertrag und das bisherige Arbeitsverhältnis bleibt bestehen. Für den Erwerb der berufskundlichen Kenntnisse, die für das Qualifikationsverfahren (früher Lehrabschlussprüfung) nötig sind, kann die Berufsfachschule mit den anderen Lernenden besucht werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich selbstständig mit den an der Berufsfachschule verwendeten Lehrmitteln auf die Prüfung vorzubereiten. Für einzelne Berufe – nicht die zum Gemüsegärtner – gibt es spezielle Vorbereitungslehrgänge, die mehrheitlich abends oder an Samstagen stattfinden.

Informationen zur Nachholbildung und verkürzter Grundbildung

Veröffentlicht in Blog

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

Sie wollen mich kennenlernen?

eppenberger-media gmbh | David Eppenberger | Winkelstrasse 23 | CH-5734 Reinach AG | Fon ++41 (0)62 771 02 91 | Mobile ++41 (0)78 779 17 19 | info@eppenberger-media.ch | MwSt-Nr. CHE-114.677.787