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Der Kotelettknochen wird zu Strom (LID-Mediendienst, 19. Februar 2007)

Der Davoser Bauer Toni Hoffmann produziert aus Speiseresten Ökostrom. Ein Fütterungsverbot von Speiseabfällen für Schweine würde ihm weiteres Wachstum bescheren.

Sie sieht eklig aus, die Brühe aus Speiseabfällen, die Toni Hoffmann in das Loch vor seiner Biogasanlage kippt. Er ist soeben von seiner täglichen Tour zu den Hintereingängen der Davoser Hotelküchen zurückgekommen. Es kommt vor, dass sich zwischen angebissenen Brötli, Salatsauce und Kotelettknochen eine Gabel oder eine Tasse verirrt.“Immer dann wenn neue Gastarbeiter angekommen sind, die noch nicht geschult worden sind“, schmunzelt Toni Hoffmann.

Gutes Einkommen mit Abfall

Der Bauernhof von Toni Hoffmann liegt an einer beliebten Duchliranch DavosSpazierstrecke ausserhalb von Davos. „Haben Sie noch ein Schulterstück für mich im Keller?“, fragt ein vorbeispazierender Pensionär mit Unterländerdialekt den jungen Bauern. Dieser stellt die Eimer mit den Abfällen der Touristen beiseite und holt im Keller das edle Fleischstück aus der Tiefkühltruhe. „Am Besten wird es im Römertopf!“ gibt er ihm mit auf dem Weg. Davos lebt vom Tourismus. Toni Hoffmann verkauft Braten, Siedfleisch und Bündnerfleisch an eine Stammkundschaft bis nach Zürich. Doch am Besten lebt er von dem, was die Touristen auf den Tellern liegen lassen. Die Hotels bezahlen ihn für die Entsorgung der Speiseabfälle. Er teilt sich den Kuchen von jährlich 500 Tonnen mit zwei Bauernkollegen. Was aussieht und riecht wie Erbrochenes von einem Grippekranken, dient als hochwertiges Schweinefutter. Doch noch viel besser eignet sich die Brühe zusammen mit Mist und Grünabfällen für die Biogasanlage.

Aus Gas wird Strom

Aus dem kugelförmigen Dach entweicht Dampf in den kühlen Davoser Himmel. Die Anlage erinnert an einen Atomreaktor. Auf dem Transparent steht in grossen Lettern:“Ökostrom aus Biogas.“ Eigentlich passiere in der Biogasanlage das Gleiche wie im Pansenmagen der Kuh, erklärt Bauer Hoffmann. Bakterien helfen bei der Vergärung von organischem Material. Dabei entsteht Methan und Kohlendioxid. Das Gas wird verbrannt und mit der Energie eine Turbine betrieben, die Strom produziert. Das Elektrizitätswerk Davos kauft den Strom. In einem separaten Raum wächst das vergärte Restmaterial am Ende eines laufenden Fliessbands zu einem grossen Haufen heran. Für diesen hochwertigen Dünger löst er noch einmal Geld. Toni Hoffmann hat das, was Bauernpolitiker von ihrem Klientel fordern: Unternehmergeist.“Ich gebe immer Vollgas“, sagt er mit wachem Blick. Er war der erste im Dorf, der mit der Milchwirtschaft aufhörte und auf Mutterkuhhaltung umstellte. Immer einen Schritt voraus sein, lautet sein Rezept.“Grüezi!“, winkt er einer Dame zu, die die kleinen Kälbchen beim Saugen am Euter der Mutter beobachtet. 16 Mutterkühe, 16 Hektaren Fläche und 200 Schweine.“Zu klein für einen normalen Bauernbetrieb!“ Deshalb hat er sich vor ein paar Jahren nach Alternativen umgesehen, als in der Landwirtschaft noch kaum jemand von alternativen Energien sprach. So wurde er zum Energiewirt. Doch noch läuft die Maschine nicht auf vollen Touren. Ausgelegt ist die Anlage auf eine Produktion von 800‘000 Kilowattstunden, so viel wie 150 Haushalte jährlich verbrauchen. Weil die EU von der Schweiz ein Fütterungsverbot von Speiseabfällen fordert, stehen die Chancen gut, dass er künftig die gesamte Abfallmenge der Hotelküchen übernehmen kann.“Wachsen oder weichen“ bedeutet das für seine Kollegen. Es weht ein rauer Wind in der Landwirtschaft.

Lieber Bauer als Greenkeeper

Inzwischen bedecken Schneeflocken die Speiseabfälle in den Eimern. Das umliegende Land liegt bereits unter einer dicken Schneedecke. Die Erweiterung des benachbarten Golfplatzes scheiterte einst an Toni Hoffmann. Ein lukrativer Pachtzins und ein Jobangebot als Greenkeeper hätten ihn jeglicher finanziellen Sorgen entledigt. „Nichts für mich, ich will Bauer sein!“ Seither ist der Golfplatz für seinen Dünger tabu. „Lieber kaufen Sie Kunstdünger“, sagt er, währenddem er den nächsten Eimer mit angeknabberten Rüebli und Salatresten vom Lieferwagen zerrt.

www.duchliranch.ch

Veröffentlicht in Blog

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