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Direktsaft anstatt Konzentrat

Christof Schenk von der Holderhof Produkte AG baut eine moderne Mosterei in Sulgen TG. Er setzt dabei auf Direktsaft anstatt wie in der Branche üblich auf Konzentrat. Beim Rückbehaltsystem der Branche macht er nicht mit, was für Aufregung sorgt.

Es gehört zur Betriebsphilosophie von Christof Schenk, möglichst viel Schweizer Rohstoffe in den Getränken zu verwenden.

Dank den wetterbedingt sehr tiefen letztjährigen Erträgen beim Obst konnten die Mostereien im letzten Jahr ihre grossen Lagerbestände aus den Vorjahren abbauen. Gemäss Schweizer Obstverband (SOV) wurden dazu bis Ende Juli 2021 auch 4250 Tonnen Apfelsaftkonzentrat exportiert, verbilligt mit rund 10 Millionen Franken aus dem Mostobstfonds. Dieser wird über den bei den Mostobstbauern eingezogenen Rückbehalt finanziert. Selbst bei der deutlich unterdurchschnittlichen letztjährigen Ernte wurden ihnen dafür pro 100 kg Mostäpfel 3 Franken abgezogen, bei einem Abnahmepreis von je nach Qualität zwischen 26 und 31 Franken. Dafür übernehmen im Gegenzug die gewerblichen Mostereien alles in der Schweiz geerntete Mostobst. Das ist seit Jahren der Deal in der Branche. Damit soll das Preisniveau in der Schweiz gehalten werden, so die Idee. In durchschnittlichen Erntejahren ist der Abzug allerdings deutlich höher und steigt abhängig von der geschätzten Erntemenge und noch vorhandenen Lagern auf bis zu 13 Franken. Viele Bauern müssten dann die Früchte aus wirtschaftlichen Gründen besser an den Bäumen verfaulen lassen, was ihr Berufsethos dann aber oft doch nicht zulässt. Strukturwandel sieht anders aus. Zudem sind die Verkäufe von Apfelsaft eher rückläufig und der Getränkemarkt äusserst umkämpft.

Neue Mosterei in der Ostschweiz

Mitten in diese Wirren kündigt Christof Schenk von Holderhof Produkte AG den Bau einer neuen Mosterei in Sulgen TG an, wo er ab dem Herbst pro Jahr bis zu 15’000 Tonnen Schweizer Äpfel zu Direktsaft vermostet wird. Der gelernte Landwirt und Self-Made-Getränkeunternehmer hat sich in den letzten zwanzig Jahren vom kleinen Holunder-Sirup-Produzenten zu einem ernstzunehmenden Player unter Schweizer Getränkeherstellern entwickelt. Auf Holunder basierende Produkte seien umsatzmässig immer noch sehr wichtig im Unternehmen, sagt Schenk. Dazu kommt eine ganze Palette von Getränken, von selbst kreierten Eisteeprodukten, vornehmlich hergestellt aus eigenen Kräutern, bis zu Orangensaft oder Cola-Alternativen, die er im Auftrag und oft unter fremden Labeln am Standort in Henau SG abfüllt. Schenk beliefert praktisch alle grossen Schweizer Detailhändler, das deutsche Schwergewicht REWE sowie noch viel mehr kleinere Abnehmer. «Es gehört zur Betriebsphilosophie, dass wir keinen Unterschied bei der Firmengrösse machen», erklärt Schenk. Mittlerweile beschäftigt er in der Produktion und im Vertrieb über 70 Leute.

Die Mosterei in Sulgen soll im Herbst eröffnet werden.

Weg vom Konzentrat zu Direktsaft

Im nächsten Schritt steigt er nun also in die Verarbeitung von Früchten und Beeren ein. In Sulgen baut der Milchhändler Walter Arnold zurzeit ein neues Gebäude, in dem sich die Holderhof langjährig mit einem modernen «Fruchtverarbeitungszentrum» einmieten wird, wie Schenk das Projekt bezeichnet. Neben Obst-, und Beerensäften sollen dort mittelfristig auch verarbeitete Produkte wie Apfelmus oder Konfitüre aus Schweizer Rohstoffen hergestellt werden. Doch der Start erfolgt mit Most, sowohl in konventioneller wie auch biologischer Qualität. Bereits im Herbst sollen in Sulgen die ersten Äpfel angeliefert, verarbeitet und der Apfelsaft vermarktet werden. Im Unterschied zu den grossen Konkurrenten wie die Ramseier Suisse AG oder die Mosterei Möhl AG setzt er auf die Verarbeitung zu Direktsaft anstatt Konzentrat. «Die Entwicklungen im Ausland zeigen, dass der Trend in diese Richtung geht», erklärt Schenk. Über die Abnahme des Direktsafts macht er sich keine Sorgen. «Meine Abnehmer warten auf diese Produkte». Er ist bereits auf der Suche nach Lieferanten, von denen es in der Umgebung ja viele gibt. Denn rund 80 Prozent des Schweizer Mostobstes kommt aus dem Mostgürtel in der Ostschweiz.

Zurzeit produziert Holderhof unter anderem wie auf dem Bild Eistee, künftig wird in der neuen Produktionsanlage in Sulgen eigener Apfelsaft hergestellt werden.

Verzicht auf Rückbehalt

Schenk bietet seinen künftigen Mostobst-Lieferanten mehrjährige Abnahmeverträge zu fixen aber branchenüblichen Preisen an. «Unsere Firma will ein verlässlicher Partner für die Landwirtschaft sein», sagt er. Aber: Er verzichtet auf die Erhebung des Rückbehalts. Und damit sticht er in ein Wespennest. Der Schweizer Obstverband (SOV) hat wenig Freude an solchen Alleingängen. Das Rückbehaltsystem stelle eine Vereinbarung zwischen der Mosterei und den Produzenten dar, welche die Abnahme der gesamten Ernte gewährleiste, schreibt Beatrice Rüttimann SOV auf Anfrage. Ohne diese Vereinbarung würden die Mostereien bei Grossernten nur so viel Mostobst annehmen, wie sie effektiv brauchen. Sie sagt aber auch, dass die Beteiligung am Rückbehaltsystem keine Pflicht sei. Schenk ist sich bewusst, dass nicht alle in der Branche Freude an seinen Plänen haben. Eine Konkurrenz-Mosterei hat bereits Einschüchterungs-Briefe an ihre Mostobstlieferanten verschickt, in denen sie ankündigen, diese vermehrt zu überprüfen, ob sie «solidarisch zur Branchenlösung stünden oder nur sporadisch und opportunistisch bei grossen Mosternten abliefern». Mit solchen Spielchen könne er leben. Ihn ärgere nur, wenn falsche Informationen in Umlauf gesetzt würden, sagt Schenk. Fakt sei: Er bezahle den vom SOV empfohlenen Basis-Preis und garantiere die Abnahme über mehrere Jahre, trage also das Risiko selbst. Mit dem Geld könnten die Lieferanten in professionelle Strukturen investieren. «Denn es gibt einige Betriebe, die von der Mostobstproduktion leben wollen», sagt Schenk.

Professionelle Mostobst-Produzenten sollen anstatt einen Rückbehalt zu bezahlen, das Geld in moderne Plantagen investieren.

Mehr verarbeitete Schweizer Früchte und Beeren

Christof Schenk glaubt, dass das Potenzial für verarbeitete Schweizer Früchte, Beeren oder Gemüse noch längstens nicht ausgeschöpft ist. Im künftigen Fruchtverarbeitungszentrum in Sulgen könne alles Mögliche verarbeitet und haltbar gemacht werden, erklärt er. Dank modernsten und sehr effizienten Anlagen sei dies auch mit Schweizer Rohstoffen wirtschaftlich. «Wir wollen beispielsweise einen grossen Teil der Apfelmus-Produktion in die Schweiz zurückholen». Er will zudem in die industrielle Schweizer Beerenproduktion investieren und könnte sich auch eine Schweizer Tomatensauce vorstellen. Los geht es nun im Herbst aber zuerst einmal mit dem Apfelsaft.

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