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Futterpflanzen bei Trockenheit

Mit trockenheitsresistenten Gras-Mischungen kann das Risiko von Totalausfällen reduziert werden. Stefan Zumsteg setzt auf seinem trockenen Standort seit drei Jahren auf Sorghum anstatt Mais und macht gute Erfahrungen damit.

Stefan Zumsteg mit fünf Meter hohem Sorghum. (Bild: Stefan Zumsteg)

Nach dem vergangenen «Dürrejahr» stellen sich viele Landwirte die Frage: Wie muss ich meinen Futterbau anpassen, damit ich künftig lange trockene Phasen besser überstehe? Guter Rat ist hier teuer. Ganz viel wert wäre zweifellos ein zuverlässiger Blick in die Kristallkugel, denn niemand weiss ja im Voraus, wie das Klima in diesem Jahr sein wird. Wäre es wie 2018 müsste beispielsweise zu einer möglichst frühen Aussaat von Mais ab 20. April geraten werden, sofern es die Bodenbedingungen zulassen. Denn wer letztes Jahr früh säte, hatte gewonnen, weil diese Maispflanzen während der ersten Wachstumsphase noch von idealen äusseren Bedingungen mit genug Feuchtigkeit profitierten und dadurch gestärkt durch die Sommerhitze kamen. Doch natürlich kann man mit dieser Taktik auch Pech haben, wenn der Frühling lange sehr nass und kalt wird und das Auflaufen der Saat dadurch behindert wird. Letztlich muss jeder Landwirt primär aufgrund der Beschaffenheit seiner Böden und des «üblichen» Klimas in seiner Region entscheiden. Wenn er kann, sollte er aber das Risiko auf verschiedene Futterbaukulturen respektive Gras-Mischungen verteilen.

Sorghum hält Trockenheit aus

Landwirt Stefan Zumsteg aus Wil AG spürte im letzten Jahr die Trockenheit in seinen Kulturen ebenfalls. Sein flachgründiger, steiniger Boden kann die Feuchtigkeit schon von Natur aus nicht besonders gut speichern. Mit dem Anbau von Sorghum wirkt er dem bereits seit drei Jahren entgegen. Sorghum ist wie Mais eine C4-Pflanze, benötigt aber weniger Wasser und kann mit trockenen Phasen besser umgehen. «Im letzten Sommer stellte mein Sorghum das Wachstum während der schlimmsten Trockenheitsphase zeitweise ein, sobald wieder Feuchtigkeit da war, wuchs es aber weiter», sagt Zumsteg. Die Sorghum-Blätter sind mit einem Wachs überzogen, bei Trockenheitsstress schliessen sich die Spaltöffnungen, danach verfällt die Pflanze in einen Ruhezustand bis wieder Wasser verfügbar ist. Ein anderer Grund für Zumsteg, anstatt auf Mais auf Sorghum zu setzen: Die in der Gegend häufigen Wildschweine verschmäen es.

Rat über den Anbau der auch als Sudangras bezeichneten Kultur aus der Familie der Süssgräser holte sich der Landwirt in Mittelamerika, bei einem Landwirt mit Schweizer Wurzeln. Ein Lohnunternehmer sät bei Zumsteg voraussichtlich Anfang Juni rund 200‘000 der kleinen Samen pro Hektare mit einem Zuckerrübensaatgutgerät aus. Das seien deutlich weniger, als die Berater sonst empfehlen, sagt Zumsteg. «Weniger Pflanzen haben dickere Stängel und damit mehr Standfestigkeit, die Erntemenge am Schluss unterscheidet sich kaum». Ein Problem sei sonst, dass das bis zu 5 Meter hohe Sorghum umfalle und die Ernte dann sehr schwierig werde. Deshalb ist er auch bei der Düngung zurückhaltend: «Die Hälfte der sonst empfohlenen 80 kg Stickstoff reicht». Er bringt nur vor dem Umbruch der Kunstwiese – diese steht bei ihm in der Fruchtfolge vor dem Sorghum – Mist und Gülle aus, ergänzt mit effektiven Mikroorganismen (EM). Nach der Aussaat bekämpft er das Unkraut mit dem Herbizid Dual Gold. Damit die Saat aufgeht, braucht es trotz allem genug Bodenfeuchtigkeit. Bei Spätfrost geht die Pflanze ein. Bis zur Ernte im Herbst sei das Sorghum dann aber relativ anspruchslos. Zumsteg siliert die ganze Pflanze bei einem angestrebten Trockensubstanzgehalt von 30 Prozent. Er verwendet die dafür besonders geeignete Sorte Amiggo. Möglich wäre auch ein Mehrfachschnitt als Zwischenfutter. Auch dank dem Sorghum reichte im vergangenen Winter das eigene Futter für seine 13 Mutterkühe und die Kälber problemlos aus. Bei den Kühen sei die Sorghum-Silage zwar nicht zuoberst auf der Beliebtheitsskala, sagt Zumsteg. «Doch zusammen mit der Grassilage, Heu und etwas Weizenkleie fressen sie es problemlos».

Sorghum zur Risikoabdeckung

Vor etwa 20 Jahren gab es bereits einmal einen Sorghum-Hype, der aber abgeflacht ist. Jeweils nach trockenen Jahren steigt aber das Interesse an ihm. Das ist auch jetzt der Fall. «Vor allem grössere Landwirte sichern sich so ihre Erträge gegen Trockenheit ab», sagt Marc Lehmann von Eric Schweizer AG. Komplett-Umsteller seien aber selten. Viele würden nur einen Teil der Maisanbaufläche mit Sorghum ersetzen um das Risiko aufzuteilen. Es gibt sogar Bauern, die es zusammen mit Mais als Mischkultur anbauen, er kann dann auch gemeinsam siliert werden. Die Kultur ist eher etwas für Mutterkuhhalter wie Zumsteg, wo das Futter etwas weniger energieintensiv sein darf. Man müsse sich im Klaren sein, dass Sorghum dem Mais qualitativ nur in trockenen Jahren überlegen sei, sagt Futterbau-Experte Lehmann. «Grundsätzlich kann er den Mais nicht ersetzen». Stefan Zumsteg allerdings sieht für seine Tiere eher die Vorteile: «Meine Angus-Kühe würden mit Mais in der Futterration verfetten.»

Trockenheitstolerante Grasmischungen

Die tiefwurzelnde Luzerne hält Trockenheit besonders gut aus (Hier in einem Bodenprofil während einer Flurbegehung an der Liebegg im August 2018)

Der Handlungsspielraum für Landwirte mit Futterbau, sich auf Dürreperioden vorzubereiten, ist relativ bescheiden. Zudem müssen Massnahmen immer auf den Standort angepasst sein. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, um die Risiken von Verlusten wenigstens abzufedern. Ein humusreicher Boden beispielsweise kann die Bodenfeuchtigkeit besser speichern, deshalb ist der Anbau von Gründüngungen oder Kunstwiesen in der Fruchtfolge sicher ratsam, da diese den Humusaufbau begünstigen. Eine andere Möglichkeit ist im Futterbau die Wahl von trockenheitsresistenten mehrjährigen Mischungen, beispielsweise UFA 300 mit Mattenklee und Gras, die im Normalfall ohne Stickstoff auskommt. Oder UFA 462, die neben Weissklee und etwas englischem Raigras vor allem aus tiefwurzelnden Rohrschwingel und keimbeschleunigten Wiesenrispen besteht. Die gezüchteten Rohrschwingelsorten sind feiner als die Urformen und dem Knaulgras ähnlich und deshalb gut als Futter geeignet. Die Wurzeltiefe entscheidet grundsätzlich über die Trockenheitsresistenz einer Pflanze. Die Luzerne wird auch deshalb als Königin der Futterpflanze bezeichnet, nicht nur aufgrund der hohen Eiweissgehalte sondern weil sie dank mehreren Meter langen Wurzeln Trockenheit problemlos aushält. Die Luzerne zählt deshalb auf den trockenen Parzellen von Zumsteg im Nordaargau schon seit Jahrzehnten zum fixen Programm. «Schon mein Vater baute sie an», sagt er.

Doch der Anbau von Luzerne ist relativ heikel: Staunässe, Bodenverdichtung, zu viel Gülle und tiefe pH-Werte unter 6.5 erträgt sie sehr schlecht. Der Einsatz in einer Mischung ist empfehlenswert. Marc Lehmann von Eric Schweizer AG beobachtet in diesem Frühling eine deutliche Zunahme der Verkäufe von Luzerne-Mischungen. Für ihn ist aber auch das nach der letztjährigen Trockenheit keine Überraschung. Bei Luzerne rät er aber vor Übersaaten ab, weil das nur schlecht funktioniere. «Besser geeignet sind Neuansaaten von Luzerne.» 

Ruhe bewahren bei trockenen Wiesen

Trockene Wiesen erholen sich relativ schnell, sobald es wieder regnet. 

Doch was ist, wenn die ganze Prävention nichts genützt hat und die Wiesen und Weiden erneut zum Opfer von Hitze und Trockenheit werden? Die Übernutzung oder ein «Kaputt weiden» sollte dann auf jeden Fall verhindert werden. «Man sollte die Wiese in diesem Fall nicht zu tief schneiden und sie nicht unnötig mit Gülle plagen», rät Praktiker Stefan Zumsteg. Entstehende Lücken können auch mit Übersaaten «geflickt» werden, idealerweise mit Raigras, das schnell aufläuft. Eine andere Möglichkeit wäre, Gräser auf abgestandenen Wiesen einfach stehen und absamen zu lassen. Bewässerung bringt zudem wenig und ist nur eine Option, wenn Wasser günstig zur Verfügung steht. Viele Landwirte staunten aber schon im letzten Jahr, wie sich komplett vertrocknete Wiesen im Herbst noch prächtig erholten, sobald wieder etwas Feuchtigkeit vorhanden war. Ruhig Blut bewahren und Geduld zahlt sich hier aus. Das bestätigten auch Versuche an der Forschungsanstalt Agroscope. Die Vermutung: Die Pflanzen haben mehr Wurzeln und es steht ihnen nach der Trockenheit mehr Bodenstickstoff zur Verfügung.

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