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10er- anstatt 50er-Nötli in der Kasse

Direktvermarktungsbetriebe spüren die schwindende Kaufkraft in der Bevölkerung.
Die Kundschaft weicht auf günstigere Gemüse aus. Die Umsatzeinbussen betragen in den letzten Monaten je nach Region bis zu 30 Prozent.

Direktvermarkter Linus Ammann verkauft weniger Gemüse.

Wie immer am Sonntag früh bereitet Gemüsegärtner Linus Ammann den Hofladen in Rothenburg LU vor. Dieser liegt an einer viel befahrenen Strasse in einer ehemaligen Käserei. Der Sonntag zählt zu den umsatzstärksten Tagen. «Am Nachmittag stehen sich die Leute hier manchmal schon fast gegenseitig auf die Füsse», sagt Ammann. Doch seit den Sommerferien spürt er, dass die Leute sparen. Es seien nun deutlich mehr 10er- als 50er-Nötli in der Kasse als vorher. Die Kundschaft kaufe vermehrt nur noch «Grundgemüse» wie Salate, Karotten und Kartoffeln ein. Hingegen würden sie auf zusätzliche ergänzende Produkte wie beispielsweise Salatsaucen verzichten, stellt Ammann fest. Die zurückhaltende Konsumstimmung spürt der Direktvermarkter auch im zweiten Hofladen auf dem Gemüsebaubetrieb in Littau und vor allem am Wochenmarkt in Luzern. Dort gingen die Umsätze bis zu 30 Prozent retour. Diese Erkenntnisse deckten sich auch mit den Aussagen von anderen Marktfahrer-Kollegen, sagt er. 

Corona-Party ist vorbei

Viele Direktvermarktungsbetriebe schauen wehmütig auf die Corona-Jahre zurück, in denen Rekordumsätze erzielt wurden. Mittlerweile ist hier aber weitgehend Normalität eingekehrt. Die meisten Betriebe sind umsatzmässig wieder zurück auf dem Niveau von 2019. Aus dem Boden gestampfte Abo-Dienste wurden wieder eingestellt und viele in der Euphorie erstellten Online-Shops darben vor sich hin. Nicht nur in der Innerschweiz, sondern auch in andere Regionen stellen die Direktvermarkter in diesem Jahr ein verändertes Einkaufsverhalten fest, wie Recherchen des «Gemüsebaus» zeigen. Man spürt die allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung bezüglich Zukunft. Viele Leute fragen sich offenbar, was da noch alles auf uns zukommen mag und budgetieren vorsichtiger. Die Nachfrage entwickelt sich auch deshalb zunehmend in Richtung günstigere Gemüse wie Lauch, Karotten oder Zwiebeln. Hofladenbetreiber stellen ein grösseres Interesse nach Zweitklassiger-Ware fest. Zudem sind die Verkäufe in diesem Jahr während der Ferienzeit offenbar mehr als üblich eingebrochen, berichten mehrere Direktvermarkter. Eine mögliche Erklärung: Die Menschen haben einen Nachholbedarf und leisten sich nach der Corona-Zeit teurere und längere Reisen. Dieses Geld fehlt dann aber in der Haushaltkasse.

Kann sich Biogemüse halten?

Dass die Nachfrage nach Premiumprodukten in Krisenzeiten eher zurückgeht, ist keine Überraschung. Zu diesen zählen eigentlich auch Bioprodukte. Doch die angefragten Bio-Direktvermarkter berichten bisher nur von moderaten Rückgängen bei den Verkäufen. Möglicherweise profitieren diese hier von einer etwas wohlhabenderen Stammkundschaft, die in der Beamtenstadt Bern zudem stärker vertreten sein dürfte als in Luzern. Anbieter von Abo-Diensten spüren die abnehmende Kaufkraft schleichend, in dem sie beispielsweise pro Sack im Durchschnitt ein bis zwei Franken weniger Umsatz lösen. Man lässt beispielsweise einfach das Bio-Brot weg. Zudem braucht es wieder mehr Marketing-Aufwand, um die Kundschaft bei Laune zu halten. Trotzdem ist auch unter den Direktvermarktern von Bioprodukten die Anspannung spürbar. Sie befürchten, dass ein Teil der Kundschaft bei anhaltender Krise auf konventionelles Gemüse ausweicht oder auf den Kauf von den im Biobereich mehr verbreiteten Spezialitäten verzichtet. 

Auch Linus Ammann rechnet mit schwierigen Monaten. Denn da ist ja nicht nur die schwindende Kaufkraft bei der Kundschaft, steigende Kosten für Produktionsmittel und Energie kommen noch dazu. Auch bei ihm hat sich der Gaspreis verdoppelt und er schaut mit bangen Blicken auf die nächste Preisanpassung. Doch jammern möchte er nicht, schliesslich habe man zwei Bomben-Jahre hinter sich und auch in diesem Jahr seien die Preise eigentlich gut gewesen. Zudem blieb sein Betrieb von Hagel verschont und erhielt mehr Regen als in anderen Regionen. Er hofft jetzt einfach auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine und eine allgemeine Normalisierung der Lage. 

Veröffentlicht in Blog

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