René Wacker aus Böttstein ist Spezialist für Zucchettiblüten. Während dem Tag verkauft er im Büro Gemüse, am Abend findet er seine innere Ruhe auf dem Zucchetti-Feld. Unterstützt wird er dabei von seiner Familie.
Viele Leute verbringen ihren Feierabend vor dem TV-Gerät. Andere gehen mit dem Hund spazieren oder lesen ein Buch. Und dann gibt es noch die, die aufs Zucchetti-Feld gehen. Wie die Familie Wacker aus Böttstein AG. Immer von Anfang Juni bis Ende August dreht sich bei ihr in der Freizeit alles um Zucchetti. Genauer: Um die Blüten. Am Tag arbeitet René Wacker als Gemüse-Verkäufer bei der Firma Max Schwarz AG im benachbarten Villigen. Acht Jahre lang war er selbst ganz Gemüseproduzent ehe er dem «Druck des Marktes» nachgab und ins Büro wechselte. Geblieben ist die Leidenschaft für Zucchetti und besonders für deren Blüte. Und diese treibt ihn und seine Frau Evelyn mit den vier Kindern in den Sommermonaten jeden Abend für zwei Stunden auf den Acker. Evelyne Wacker lacht: «Wir sind eben Gemüsler und keine Freizeit-Velofahrer.»
Entspannung dank Zucchetti
Das 30 Aren grosse Feld mit den rund 3 200 Zucchetti-Pflanzen steht zwischen Böttstein und Mandach. Eigentlich in einer idyllischen Landschaft, wäre da im Hintergrund nicht das störende Dröhnen eines ferngesteuerten Helikopters. Aber jedem sein Hobby. Langsam trudelt die Familie ein. Sohn Samuel schwingt sich auf den kleinen Traktor der Marke «Porsche». «Der Traktor hat den gleichen Jahrgang 1962 wie ich», lacht René Wacker. Mit dabei an diesem Abend sind neben Vater und Sohn Samuel auch Frau Evelyn und die jüngste Tochter Seraphine, die vor kurzem mit der Lehre begonnen hat. «Eigentlich muss neben mir und meiner Frau jeweils nur eines der vier Kinder mit dabei sein, um den Traktor zu steuern», sagt René Wacker. Mindestens eines ist heute also «freiwillig» beim Familien-Projekt dabei. Doch sowieso sieht nichts nach «Zwang» aus. Viel mehr ist die Atmosphäre auf dem Zucchetti-Feld entspannt. «Während der Ernte kann die Familie über Alltags-Probleme diskutieren und gute Gespräche führen», sagt René Wacker. Für ihn selbst ist es die Gelegenheit, sich vom hektischen Gemüsemarkt-Alltag zu erholen. «Bei dieser einfachen Arbeit kann ich sehr gut abschalten mich entspannen und nebenbei noch etwas Geld verdienen», bringt er es auf den Punkt. Zudem kann er dank der Bewirtschaftung seiner Flächen weiter aktiver Landwirt bleiben. Die Zusammenarbeit mit einem benachbarten Bauern macht die im Rahmen von «Suisse Garantie» verlangte Fruchtfolge erst möglich.
Zucchetti-Pionier
René Wacker hat sich auf die Produktion von Zucchetti-Blüten spezialisiert. Ein kleiner aber feiner Markt. Zwischen 10 000 und 12 000 Blüten erntet die Familie pro Jahr. Sein Arbeitgeber Max Schwarz AG vermarktet sie auf dem Engrosmarkt in Zürich. Zu den Blüten kommen jährlich noch rund 18 Tonnen Zucchetti als Kiloware dazu. Das gibt einen willkommenen Batzen in die Familienkasse. Der gelernte Gemüsegärtner Wacker ist ein Pionier in Sachen Zucchetti: «Ich baue sie bereits im 23. Jahr an.» Vor 20 Jahren lieferte er erstmals Blüten auf den Engrosmarkt nach Basel aus. Heute ist er immer noch Feuer und Flamme für die Kultur. Es sei absolut faszinierend, was sie auf einer so kleinen Fläche produziere. Und sie ist pflegeleicht: «Nach dem Setzen im Frühling kann man eigentlich nur noch ernten.» Ideal also für einen «Feierabend-Gemüsler» wie ihn. Trotzdem kann wohl nicht jeder einfach so Zucchettiblüten produzieren. Abgesehen davon, dass es sich um einen typischen Nischenmarkt handelt und die Menge folglich sehr begrenzt ist.
Der Zeitpunkt der Blüte ist entscheidend für die Ernte. Wenn das Ehepaar Wacker hinter dem Traktor durch die Zucchetti-Reihen schreitet, dann sind die Handgriffe routiniert und die Blicke geübt. Geschnitten werden nur die weiblichen Blüten zusammen mit den etwa zehn Zentimeter kleinen Zucchetti. Anschliessend werden diese sorgfältig in die kleinen Ifco-Kistchen gelegt. «Dort öffnen sich die Blüten in den kommenden Stunden noch einmal leicht und kommen auf dem Engros Markt in Zürich voll zur Geltung», erklärt René Wacker. Zu den Kunden zählen vor allem Marktfahrer und «noble» Gastrobetriebe. Die Blüten müssen wenn möglich innerhalb von 24 Stunden zubereitet werden. Ein Versuch, die Zucchetti-Blüten bei einem Grossverteiler zu verkaufen, scheiterte in diesem Jahr. «Es lag wohl vor allem daran, dass die Leute diese Spezialität gar nicht kennen», sagt René Wacker. Die Zucchetti-Blüte bleibt also vorläufig in der Nische.
Nach der Ernte liefert René Wacker am gleichen Abend die frischen Zucchetti und deren Blüten nach Villigen zur Firma Max Schwarz AG, wo sie in den frühen Morgenstunden nach Zürich zum Engrosmarkt gefahren werden. Ein paar Stunden später sitzt René Wacker dort wieder auf seinem Bürostuhl und führt die ersten Preisverhandlungen. Bestens erholt dank der Zucchetti-Ernte am Vorabend.
Schon sehr glücklich wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann. Aber man muss eben auf das passende Hobby haben, sonst wird das ja leider nichts.
Obwohl ich auch gerne im Garten bin, glaube ich wäre das trotzdem nichts für mich, aber es ist schön zu wissen, dass es noch solche Familienunternehmer gibt.