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Tage der offenen Türen: Herausforderung städtische Bevölkerung 

In vielen Regionen organisierten Gemüsebaubetriebe in diesem Frühling Tage der offenen Türen. Einige profitierten von externer Unterstützung, was den Organisationsaufwand reduzierte. Nicht überall wurden so viele Leute angesprochen, wie erhofft.

Gemüse Käser AG  aus Birmenstorf lud die Bevölkerung während zwei Tagen auf ihren Betrieb ein.

Tage der offenen Türen sind ideale Gelegenheiten, um mit der Bevölkerung in direkten Kontakt zu treten und die Gemüseproduktion vor Ort zu zeigen. Doch viele Gemüsebetriebe scheuen den Aufwand, auch weil es in der Hauptsaison sowieso schon an Zeit und Personal mangelt. Im letzten Jahr lancierte der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) gemeinsam mit dem Obstverband den «Tag der offenen Obst- und Gemüsegärten», stiess damit aber nur auf wenig Interesse bei den Betrieben. Deshalb habe man das Projekt gestoppt, sagt Markus Waber vom VSGP auf Anfrage. In der Hoffnung, dass sich trotzdem Betriebe für die Durchführung solcher wichtigen Evente motivieren könnten. Tatsächlich fanden schweizweit einige Anlässe statt. Wie war das Interesse der Bevölkerung ? Wie gingen die Betriebe organisatorisch vor? Welche Erfahrungen machten Sie?

Besuchstage an Pfingsten im Aargau

Die Funktionen der Geräte wurde publikumswirksam erklärt.

Thomas Käser aus Birmenstorf AG beispielsweise organisierte am Pfingstwochenende gleich zwei Tage der offenen Türen. Das Datum wählte der Betrieb, weil am Pfingstsonntag nicht ausgeliefert werden musste. Mit der Gestaltung von Plakaten, Werbung in Social Media sowie dem Versand von Flyern an die Bevölkerung per Post betrieb er einen grossen Werbeaufwand. Zudem mussten Infomaterial sowie die Website von externen Dienstleistern aktualisiert werden. Schon vor Monaten wurden extra Kulturen in Betriebsnähe angelegt und diese auch entsprechend beschriftet. Maschinen und weitere Hilfsmittel wurden zudem auf dem Feld in Position gebracht und deren Funktionen auf Schildern pulikumsfreundlich erklärt. Bei der Folienmaschine stand beispielsweise: «Ich umhülle den Salat mit Folie, damit er länger haltbar ist». Aufgrund der herausgegebenen Essen schätzt Käser die Anzahl der Besucherinnen und Besucher auf rund 2000, wobei das Wetter optimal mitspielte. Der Aufwand sei organisatorisch und auch finanziell zwar beträchtlich gewesen, sagt Thomas Käser. «Ich bin aber überzeugt, dass alles in einer Form retour kommt.» Am Pfingstsamstagmorgen lud die VSGP-Sektion Aargau Vertreterinnen und Vertreter zusätzlich aus lokaler und nationaler Politik ein. Rund 30 Personen nahmen an den Führungen über die Felder und durch das Gewächshaus teil. 

Volle Bude in der Ostschweiz

Etwas weniger Vorlaufzeit für seinen Tag der offenen Tür am 18. Juni hatte Armin Risch aus St. Margrethen SG. Nur was unbedingt nötig war – wie beispielsweise das Festzelt, Festmusik oder den Caterer für die Verpflegung – reservierte er schon vor Monaten. Für das Datum entschied er sich, weil die Kulturen im Freiland und im Gewächshaus dann voll im Schuss sind. Mit der eigentlichen Umsetzung startete er dann etwa einen Monat vorher. Seine Frau Rahel ist Grafikerin und gestaltete die Plakate mit den Texten für den Rundgang. Die Werbetrommel rührte der Betrieb nur über Plakate im eigenen Laden, sowie über Beiträge in Social Media an, also ohne direkte Kosten. «Als Direktvermarkter haben wir es hier etwas einfacher», erklärt Armin Risch. Zugleich sei die Kundschaft die Motivation dafür gewesen, nach 15 Jahren wieder einen solchen Tag durchzuführen. «So können wir ihr etwas zurückgeben und einen Einblick in unsere regionale Produktion gewähren.» In den Gesprächen mit Besucherinnen und Besuchern staunte Risch zuweilen, wie wenig diese den Alltag auf einem Gemüsebaubetrieb oder überhaupt nur die Kulturen kennen. Schon nur aus dieser Perspektive habe sich der Anlass gewohnt. Das Interesse war riesig, die Bude bei prächtigem Wetter voll und die Stimmung dank Festwirtschaft und Musik sehr ausgelassen. 

Besucherinnen und Besucher bei Risch Gemüse in St.Margrethen.

Weniger Interesse in der Region Bern

Am gleichen Tag wie in der Ostschweiz organisierte die Gemüseproduzenten-Vereinigung der Kantone Bern und Freiburg (GVBF) zum dritten Mal das «Gmüesfescht ufem Hof». Dabei übernahm die GVBF die Organisationsarbeiten im Hintergrund und das Marketing. Die Durchführung vor Ort lag in den Händen der Gemüsebaubetriebe. Man habe sich bewusst in eine Region begeben, die sonst nicht so bekannt ist für den Anbau von Gemüse, erklärt Pascal Gutknecht vom Organisationskomitee. Dabei seien zwischen Bern und Thun erstmals drei Betriebe am gleichen Tag präsentiert worden. Die Betriebe von Luginbühl Gemüse in Kirchdorf, Rohrer Gemüse in Belp sowie Fellers Höfli in Thierachern wurden so ausgewählt, dass sie per Velo oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar waren. Alle betrieben viel Aufwand, um den Besucherinnen und Besuchern die Herausforderungen der Gemüseproduktion vor Ort real aufzuzeigen. Während das Interesse der Bevölkerung bei der Familie Feller vielleicht auch wegen des angekündigten Besuches von Bundesrat Albert Rösti noch zufriedenstellend war, hätte man sich an den anderen zwei Orten mehr Besucherinnen und Besucher gewünscht. Gemüsegärtner Hanspeter Rohrer in Belp äusserte sich gegenüber der Bauernzeitung enttäuscht darüber, dass nicht mehr Leute den Weg zu ihnen als Produzenten gefunden hätten. Auch Pascal Gutknecht vom GVBF stellt ernüchtert fest, dass man es trotz viel Werbung nicht geschafft habe, die Leute aus der Stadt zu holen. Am Anlass wolle man in Zukunft zwar grundsätzlich festhalten, doch müsse sich die Sektion möglicherweise Gedanken über neue Formate machen. «Wenn die Leute nicht raus auf die Betriebe kommen, müssen wir vielleicht mehr zu ihnen in die Stadt gehen.»

Bio Gmüestag Seeland als neuer Event

Der am 2. Juli erstmals durchgeführte Bio-Gmüestag im Seeland zeigte hingegen, dass es offenbar tatsächlich einfacher ist, die ländliche Bevölkerung auf die Betriebe zu holen. Treiber des Anlasses waren der Freiburger Tourismusverband und Murten Tourismus, die den Anlass im Rahmen des Projektes zur Regionalen Entwicklung (PER) BioGemüse Seeland lancierten. Murten Tourismus übernahm dabei den grossen Teil der Organisation und der Werbung, weshalb sich die teilnehmenden fünf Biogemüsebetriebe auf die Organisation und Durchführung des Anlasses am Event-Tag konzentrieren konnten. Die Besucherinnen und Besucher begaben sich per Velo auf einen Parcours zu den fünf Betrieben Wolf Biogemüse, Känel Biogemüse, Seelandbio, Bio Leguma sowie Etter Gemüse, wo sie sich informieren und verköstigen konnten. Der Start war im Rohbau des neuen Gebäudes von Terra viva in Kerzers, übrigens ebenfalls ein Teilprojekt des PER. Jürg Frey von Bio Leguma zeigte sich überrascht vom grossen Interesse. Sie seien über den Mittag schon fast überrannt worden. Besonders freute es ihn, dass die Leute für einmal wirklich mehrheitlich branchenfremd waren. «Das ist genau das Publikum, das wir mit solchen Events ansprechen wollen», sagte er. Gleich sieht das Bruno Christen von Seeland Bio, der seine Geräte und Stände direkt an einem Gemüsefeld aufstellte. «Ich hätte nie gedacht, dass sich so viele Leute für unsere Produktion interessieren.» Nach den zwiespältigen Erfahrungen am GVBF-Anlass drei Wochen zuvor sei er doch etwas skeptisch gewesen. Auch Murten Tourismus zieht ein positives Fazit. Der Bio-Gmüestag habe über 4000 Leute angezogen. Der Event soll nun jährlich durchgeführt werden und zum fixen Termin in der Region werden. 


Am Bio-Gmüestag im Seeland besuchte das Publikum mit dem Fahrrad Betriebe und wie hier Posten auf dem Gemüsefeld von Seeland Bio.

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