Längst nicht alle Gewächshausbetriebe konnten bis jetzt auf fossilfreie Energieträger umstellen, wie das Migros bis in diesem Jahr gefordert hatte. Nun stellt sich die Frage, was künftig mit Gewächshausgemüse passiert, welches die Bedingungen nicht erfüllt.

Bis 2025 nur noch mit fossilfreien Energien produziertes Schweizer Gewächshausgemüse in den Regalen: Die Ansage des Migros-Genossenschafts- Bundes (MGB) an die Schweizer Gewächshausproduzentinnen und -produzenten vor sechs Jahren führte zu einem Aufschrei in der Branche. Einige – aber bei weitem nicht alle Betriebe – machten schliesslich die Faust im Sack und suchten nach technischen Lösungen für ihre Gewächshäuser: teure Holzheizungen, Wärmepumpen und Anschlüsse an Wärmeverbunde waren die häufigsten eingesetzten Technologien. Jetzt Anfang 2025 ist aber klar, dass Migros nicht ausreichend Ware nach den damals gestellten energetischen Anforderungen beschaffen kann. Für Direktor Matija Nuic vom Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) ist das keine Überraschung. Der Verband habe in Gesprächen immer wieder auf die Probleme hingewiesen und Lösungen vorgeschlagen, sagt er. Die grosse Frage ist nun aber: Was heisst das jetzt für Gewächshausbetriebe, die in den letzten fünf Jahren viel Geld in die geforderten Heizsysteme investiert haben? Dem VSGP sei mündlich in Aussicht gestellt worden, dass Betriebe honoriert würden, welche fossilfrei produziertes Gemüse anbieten können. Für den VSGP-Direktor ist es vor allem auch wichtig, dass andere Produzentinnen und Produzenten nicht unbegründet ausgeschlossen würden. «Viele Gemüsebetriebe würden gerne umstellen, können das aber aus rechtlichen oder technischen Gründen nicht oder brauchen mehr Zeit», sagt er.
Teure Investitionen für Umstellung
Silvia und Markus Schildknecht erfüllen die von Migros vor sechs Jahren gestellten Anforderungen. Sie bauen in ihren Gewächshäusern in Wikon LU seit einer gefühlten Ewigkeit unter anderem Tomaten und Gurken unter dem Label «Aus der Region. Für die Region.» für Migros Luzern an. Seit Oktober beziehen sie Wärme von einem neu erstellten regionalen Holzwärme-Verbund ergänzt durch eine bereits bestehende Grundwasserwärmepumpe. Allein der Anschluss und die ein Kilometer lange Fernwärmeleitung kosteten die beiden rund eine Million Franken. Vertraglich ist ihnen eine Leistung von 1400 Kilowatt Wärme zugesichert, der Preis bewegt sich bei 10,5 Rappen pro Kilowattstunde. «Wir haben viel Freude an unserer neuen, umweltfreundlichen Heizung», sagt Silvia Schildknecht. Doch geteilt werde diese von Abnehmerseite nur noch zurückhaltend: «Während sich die Leute von Migros früher noch regelmässig über den Stand der Heizungsumstellung informierten, ist es in den letzten zwei Jahren spürbar ruhiger geworden», sagt Markus Schildknecht.
Bevorzugte Behandlung gefordert
Der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) verfolgt bekanntlich eine eigene Energiestrategie. Auch in dieser ist die Verabschiedung von fossilfreien Energieträgern in den Gewächshäusern eingeplant, allerdings mit deutlich längeren Vorlaufzeiten als bei Migros. Die Schildknechts mussten schneller eine Lösung suchen, weil sie die Migros-Anforderungen erfüllen wollten. Jetzt drohten sie zu den Gelackmeierten zu werden, obwohl sie im Gegensatz zu anderen Lieferanten ihre «Hausaufgaben» gemacht hätten, sagt Markus Schildknecht. Alternative Energiesysteme in den Gewächshäusern entwickeln sich aber rasant. Stellen nun Betriebe erst in den nächsten Jahren auf fossilfrei um, profitieren sie möglicherweise von besser entwickelten und günstigeren Lösungen. Schildknecht hofft deshalb vom Grossverteiler, dass er in ein paar Jahren nicht plötzlich im Nachteil ist, weil diese dann mit tieferen Kosten produzieren können.
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