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Flaschentauchen für Dummies (SBB-Kundenzeitschrift Via, April 2008)

In Hilterfingen am Thunersee können bekennende Nichttaucher auf Schnuppertauchgängen die Thuner Seenwelt entdecken. Der wasserscheue Autor wagte sich ins kühle Nass. In den Weg stellt sich der innere Schweinehund.Der Autor zusammen mit Ruedi Omlin auf dem Schnuppertauchgang

Es ist frisch an diesem Morgen. 6 Grad beträgt die Temperatur im Thunersee. Hier soll ich in einer halben Stunde eintauchen? Ausgerechnet ich, der sich nur in der Badewanne wirklich sicher fühlt? Das pure Gegenteil einer Wasserratte also. Und doch: Jahrelang sass ich stumm neben meinen Kollegen, als diese von ihren Tauchabenteuern erzählten. Damit wird es an diesem Tag zu Ende sein. Die Nervosität steigt.
Zwischen Neopren-Anzügen und Flossen erteilt Berufstaucher Ruedi Omlin in seinem Tauchtreff in Hilterfingen Instruktionen. Sein Blick ist ernst. Von meinen Kollegen weiss ich, dass mit der Taucherei nicht zu spassen ist. Der zentrale Punkt beim Tauchen mit Flasche ist der Druckausgleich bei zunehmender Tiefe. Mit den Fingern die Nase zu halten, Mund schliessen und kräftig atmen. Es folgt die Übung im Trockenen. Es funktioniert, die Ohren „gehen zu“. Nächster Punkt: Die wichtigsten Zeichen unter Wasser. Für den „Tauch-Dummie“ gibt es nur zwei: Geschlossener Daumen und Zeigfinger für „alles ist ok“ und eine Wellenbewegung der flachen Hand wenn es Probleme gibt. „Im Tauchsport gibt es keine starken Männer“, sagt Ruedi. Bei der kleinsten Unsicherheit werde der Tauchgang abgebrochen. Na ja. Eigentlich fühle ich mich ja richtig schwach. Für mich hat das Ganze eindeutig den Charakter einer Mutprobe. Ich muss also stark sein.

Brille bespuckenSchnuppertauchgang im Thunersee

Der Puls steigt. Der enge Neopren-Anzug stellt mir fast den Atem ab. Die 18 Kilogramm schwere Flasche mit der Pressluft steht für mich bereit. Sie ist schwerer als mein Sohn. Davon würde ich im Wasser nichts mehr spüren, beruhigt mich der Tauchprofi. Der Moment der Wahrheit kommt näher. Ein Zebrastreifen und ein paar Meter entfernt glitzert das Wasser in der Sonne. Ideal für ein Sonnenbad auf dem nahen Steg eigentlich. Wie kann man nur auf die Idee kommen, freiwillig in diesen kalten See zu steigen? Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr!
Auf den Knien stehe ich nun im Wasser. Vis-à-vis der Tauchprofi. Taucher bespucken die Brille von innen. Das soll gegen das Anlaufen helfen. Keine Zeit für Fragen. Demütig folge ich den Anweisungen. Jetzt heisst es Brille auf. „Jetzt kannst Du den Nuggi in den Mund nehmen“. Ich denke eine Hundertstelsekunde an meinen jüngsten Sohn. Das wichtigste sei nun, immer durch den Mund die Pressluft einzuatmen, sagt Ruedi. Das tue ich. Jetzt einmal den Kopf unter das Wasser halten. Der Puls steigt dramatisch an. Die Brille füllt sich mit Wasser. Instinktiv steige ich wieder auf. Das schaffe ich nicht! Doch irgendwie überwinde ich den inneren Sauhund. Und plötzlich sehe ich nur noch grünes Wasser.

Klare Sicht und freie GedankenSchnuppertauchgang im Thunersee

Ich konzentriere mich auf das Atmen und sorge für den regelmässigen Druckausgleich. Ich signalisiere meinem Begleiter, dass alles okay ist. Er lässt mich nie los und stösst mich wie ein motorloses U-Boot durch die Tiefe. Mein Puls beruhigt sich. Doch die nächste Herausforderung naht: Die Brille füllt sich mit Wasser. Ich staune über den eigenen Mut. Einatmen, Brille mit dem Finger festhalten und durch die Nase ausatmen. Wie bei der Instruktion erklärt. Und tatsächlich: Das Wasser ist weg! Nun habe ich wieder klare Sicht. Ich beginne mich wohl zu fühlen. Meine Gedanken werden freier. Sanft schweben wir schwerelos über eine Matte von Seegras. Zwischendurch immer wieder die Frage des Begleiters, ob alles in Ordnung sei. Schon richtig routiniert gebe ich das entsprechende Zeichen! Ich ärgere mich über den Abfall im Thunersee: Autopneu, Kloschüssel, Fahrradgestell, Büchsen und Flaschen. Keine Spur mehr von Angst in mir. Ich spüre die Kälte des Wassers nur um meine Lippen. Was ist wenn diese einfrieren? Ganz ruhig bleiben.

Nur der Hecht fehltSchnuppertauchgang im Thunersee: Es ist geschafft!

Von links braust ein anderer Taucher heran, ausgerüstet mit einer Unterwasserkamera. Ich versuche zu lächeln. Dann gleiten wir weiter durch das grüne Wasser auf der Suche nach einem Hecht. Von denen soll es hier haufenweise haben. Doch bis jetzt habe ich noch keinen einzigen Fisch gesehen. Ruedi zieht mich nun noch ein bisschen mehr runter in die Tiefe. Bis auf 4,5 Meter, wie er mir später sagt. „Nur nicht übertreiben!“ geht es mir durch den Kopf. Mein Mund wird trocken. Ich möchte husten, wage es aber nicht. Theoretisch soll das auch unter Wasser möglich sein. Ich denke erstmals ans Auftauchen. „Du entscheidest, was wir machen“, hat Ruedi zuvor gesagt. Ich hebe den Daumen. Der Aufstieg wird eingeleitet. Erste Sonnenstrahlen brechen sich am Wasser. Schliesslich tauchen wir auf. Geblendet von der warmen Sonne lachen uns das Stockhorn und den Niesen an. Phantastisch! Ich hab es geschafft! Unglaubliche 25 Minuten waren wir unter Wasser. „Wie ein Profi hast du das gemacht“ sagt Ruedi. Ich fühle mich geschmeichelt.

Selber machen

Ruedi Omlin vom Tauchtreff in Hilterfingen bietet während des ganzen Jahres Schnuppertauchgänge im Thunersee an. Die Fahrt vom Bahnhof Thun aus mit dem Bus dauert nur wenige Minuten. Das Angebot richtet sich an alle Interessierte ab dem Alter von 12 Jahren, dauert rund drei Stunden und kostet 70 Franken. Der Berufstaucher führt die Teilnehmenden unter dauerndem Handkontakt durch den See. Ein Tauchgang dauert rund 15 Minuten. Der Schnuppertauchkurs kann auch im Congress Hotel Seepark in Thun gebucht werden.

www.tt-thunersee.ch

Veröffentlicht in Blog

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