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Fredy Kaufmann: «Verarbeiter und Produzenten sitzen im gleichen Boot.»

kaufmannDer Vertragsanbau hat beim Schweizer Verarbeitungsgemüse eine lange Tradition. Fredy Kaufmann ist überzeugt, dass diese Zusammenarbeit auch in Zukunft bestehen wird. Sofern die politischen Rahmenbedingungen so bleiben wie jetzt.

Herr Kaufmann, wie gross sind die Vertragsanbauflächen beim Verarbeitungsgemüse in diesem Jahr?
Nach dem Flächenrückgang im letzten Jahr gehen wir davon aus, dass wir in diesem Jahr wieder rund 2500 Hektaren erreichen. Die Reduktion im letzten Jahr war eine Folge des ertragsreichen Vorjahres: Die Verarbeitungsunternehmen mussten die 2011 entstandenen Lagerbestände abbauen. Solche Schwankungen gehören aber dazu. Grundsätzlich sind die Anbauflächen seit der Jahrtausendwende recht stabil.

Was passiert eigentlich, wenn sich auf den Vertragsanbauflächen eine Überproduktion abzeichnet?
Die Abnehmer handeln mit der Produktion die Preise und die Mengen aus, die sie abnehmen werden. Diese sind unter anderem abhängig vom erwarteten Konsum. Diese Zahl wird beim Verband hinterlegt und ist rechtlich bindend. Sobald sie erreicht ist, das heisst wenn der Verarbeiter die gesamte Menge übernommen hat, muss der Rest auf dem Feld stehen gelassen respektive untergepflügt werden.

Und was erhält der betroffene Produzent?
Bei ausserordentlich guten Ernten kommt der sogenannte Mengenvertrag zur Geltung. Dabei verpflichtet sich der Abnehmer zur Übernahme von sieben Prozent zusätzlicher Menge. Von der gesamten übernommenen Menge wird dann ein Abzug gemacht. Damit wird die nicht geerntete Fläche ausbezahlt.

Was passiert, wenn die Kulturen die Qualitäts­kriterien nicht erfüllen?
Wenn ein Produzent beispielsweise Blattläuse in den Erbsen hat, und er es verpasst, diese rechtzeitig zu behandeln, dann geht er leer aus. In Extremfällen verzichten wir nach Absprache mit dem Anbauverantwortlichen sogar auf Ernte und Transport. Dann fallen für ihn wenigstens keine zusätzlichen Kosten an. Wenn es normal läuft, erhält der Produzent die abgelieferte Menge mal ausgemachter Preis minus Qualitätsabzüge.

Hat der betroffene Gemüseproduzent rechtliche Möglichkeiten, sich gegen eine negative Beurteilung zu wehren?
Ist er mit der Beurteilung beim Wareneingang nicht einverstanden, kann er verlangen, dass bei der Eingangskontrolle ein weiteres Muster von seiner Lieferung gemacht wird. Der letzte Schritt wäre eine Oberexpertise über Qualiservice. Mir ist bei uns im Betrieb allerdings in den letzten zwanzig Jahren kein solcher Fall bekannt. Meistens sieht der Bauer selbst ein, dass seine Kultur die Qualitätsansprüche nicht erfüllt.

Es gibt Gemüseproduzenten, denen die ausgehandelten Preise zu tief sind. Was sagen sie einem Produzenten, der deshalb mehr Zukunft in Körnermais als bei Erbsen sieht?
Man sollte immer Gleiches mit Gleichem vergleichen. Vergleiche ich Erbsen mit Sommergetreide, dann dürften beide etwa gleichauf liegen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die klassischen Verarbeitungsgemüse – Bohnen, Karotten, Spinat und Erbsen – kurze Kulturen sind. Das heisst ein Gemüseproduzent kann vorher und nachher zusätzliche Pflanzsätze anbauen. Beim Mais ist das nicht gut möglich.

Trotzdem: Wie werden sich die Preise beim Verarbeitungsgemüse entwickeln?
Der letzte grosse Preisabschlag fand Anfang 2000 statt. Seither sind die Preise eigentlich relativ stabil. Ich glaube nicht daran, dass künftig grosse Preissprünge weder nach oben noch nach unten möglich sind.

Die Zitrone ist also ausgepresst?
Wenn man so will, ja. Trotzdem müssen sowohl die Produktion wie auch die Verarbeitung ihre Kosten noch weiter optimieren. Die Gemüseproduzenten profitieren hier unter anderem von ertragsreicheren Sorten, die für die gleiche Produktionsmenge weniger Flächen benötigen. Unsere Branche ihrerseits hat in den letzten Jahren viel in moderne Erntegeräte investiert.

Das zeigt, dass die Unternehmen an den Anbau von Verarbeitungsgemüse glauben?
Tatsächlich war die Situation Anfang 2000 deutlich schwieriger. Alle sprachen damals von Marktöffnung, dass diese nur eine Frage der Zeit sei. Heute hat man eher das Gefühl, dass man wieder längerfristig planen könne. Auch deshalb haben die Verarbeitungsbetriebe in den letzten Jahren wieder mehr investiert. Wenn die politischen Rahmenbedingungen so bleiben, hat das Schweizer Verarbeitungsgemüse eine Zukunft. Aber natürlich sitzen wir mit den Produzenten im gleichen Boot. Entweder wir finden gemeinsam den Weg oder wir haben keine Verarbeiter und keine Anbauer mehr in der Schweiz. 

Fredy Kaufmann ist Geschäftsführer der Hilcona Agrar AG in Schaan und Präsident der Anbaukommission Verarbeitungsgemüse bei der Swiss Convenience Food Association (scfa).

 

Veröffentlicht in Blog

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