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Auf der Alp Guetbächi ist früh Tagwache

Hannes Hefti ist Bioälpler aus Überzeugung.
Hannes Hefti ist Bioälpler aus Überzeugung.

 

Der Älpler Hannes Hefti verbringt den Sommer mit seiner jungen Familie auf der Bioalp. Neben pfeifende Murmeltieren und Kuhglockengebimmel bedeutet das vor allem etwas: lange Arbeitstage und häufige Umzüge.

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: Hannes Hefti «schmiert» die Alpkäse täglich mit einer Salzwasserlösung, die verhindert, dass sich Schimmel bildet.

Jeden Morgen um 4 Uhr in der Früh aufstehen? Für viele Leute wäre allein das der reinste Alptraum. Nicht aber für den Glarner Älpler und Biobauer Hannes Hefti. Für ihn ist es normal, bei Morgengrauen zuerst eine halbe Stunde lang den steilen Hang in Richtung Vorstegstock hochzusteigen, um die Kühe zum Melken von der Weide runter zum Alpbetrieb zu treiben. Und das sieben Mal in der Woche, versteht sich. Aber nicht nur er ist früh auf: Unterdessen bereitet der Rest des Alpteams in der Hütte das Milchgeschirr vor und feuert unter dem Käsekessi ein. Wenn bei vielen Leuten im Unterland erstmals der Wecker läutet, sind die 45 Kühe im Stall bereits gemolken und auch schon wieder zurück auf der Alpweide. Im Stall sind sie sonst eigentlich nie. Für Hannes Hefti geht der Arbeitsalltag dann aber mehr oder weniger nahtlos weiter: Um 6.30 Uhr schüttet er die frischgemolkene Milch ins Käsekessi, unter dem bereits das Feuer lodert. In den nächsten zwei bis drei Stunden macht der 26-Jährige aus der Alpmilch den Guetbächi Alpkäse mit dem Gütezeichen der Bioknospe. Rund 5 Tonnen sind es pro Jahr. Den überschüssigen Rahm wird zu rund 500 Kilogramm Alpbutter verarbeitet, auch das ist eine geschätzte Spezialität in der Region. Weil diese besonders natürliche Butter nicht wie in der Lebensmittelindustrie angesäuert wird, schmeckt sie angenehm süsslich.

Lieber eine neue Maschine als Ferien

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Die Kühen tragen hier Hörner und fressen nur, was hier wächst.

Der Mittelstafel auf der Alp Guetbächi oberhalb von Linthal GL ist nur nach einem längeren Fussmarsch erreichbar. Als der Reporter gegen Mitte Morgen verschwitzt bei der jungen Älplerfamilie ankommt, erlaubt sich der zweijährige Sohn Hannes Junior gerade einen Spass, indem er die Alpschweine mit dem Wasserschlauch vollspritzt. Der Älpler selbst ist noch beim täglichen Schmieren der Käselaibe. Dabei reibt er diese mit einer Salzwasserlösung ein, damit die salzige Schmierschicht entsteht, die den Käse vor Schimmel schützt. Früher dauerte dieser Arbeitsgang hier oben noch deutlich länger. Dank einer Maschine ist der Biobauer nun aber drei Mal schneller. «Anstatt teure Ferien zu machen, schaffe ich mir lieber solche kleinen Helferlein an», sagt Hannes. So habe er mehr Zeit für seine Familie. Ob das wirklich so ist, sei einmal dahingestellt. Denn auf einer Alp geht die Arbeit eigentlich nie aus: Melken, Käsen, Käsepflege, Zäunen, Tierpflege, Blackenbekämpfung, Kuhfladenauflesen etc. Die Tage enden oft erst spät am Abend.

Kleine Stube muss reichen

Sandra Hefti-Fischbacher kehrt die frischen Käselaibe mehrmals bevor sie ins Salzbad kommen.
Sandra Hefti-Fischbacher kehrt die frischen Käselaibe mehrmals bevor sie ins Salzbad kommen.

Seine Frau Sandra Hefti-Fischbacher treffen wir mit den beiden einjährigen Zwillingen Ruedi und Daniel im oberen Stock an. Sie kehrt gerade die frischen Käselaibe. Dieser Vorgang wird mehrmals am Produktionstag wiederholt, danach kommen die Käse für 24 Stunden ins Salzbad. Der Käseproduktionsraum ist hier gleichzeitig Küche und Stube. In der Ecke steht der Tisch. Viel mehr Inventar gibt es in diesem Raum nicht. Das würde auch wenig Sinn machen. Denn die Familie ist eigentlich in den Sommermonaten sowieso dauernd am Umziehen; immer dem frischen Gras nach halt. Los geht es jeweils im Mai im Unterstafel, von wo es nach einer Woche in den Mittelstafel auf 1600 m.ü.M. geht. Ende Juni zieht die ganze Familie mit allen Tieren auf den Oberstafel auf 1800 m.ü.M. Ende September endet der Glarner Alpsommer.

Zwei Familien teilen sich die Alp

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Hannes Hefti und Sohn Hannes Junior holen die Kühe zum Melken von der Weide.

Die Alp pachten sie gemeinsam mit dem Bruder von Hannes seit sieben Jahren. Thomas Hefti und dessen Frau Heidi Hefti-Landolt bleiben im Sommer aber mehrheitlich unten auf ihrem Betrieb in Linthal. Sie helfen auf der Alp aus, wenn besonders viel Arbeit anfällt. Die Familie von Hannes und Sandra ist für die Alpbewirtschaftung zuständig. Den Rest des Jahres leben sie auf dem Bauernhof in Mitlödi, den sie vor drei Jahren von Hannes Eltern übernehmen konnten. Beide Biobauernhöfe lassen ihre Tiere auf der Alp Guetbächi sömmern: 45 Milchkühe, 30 Rinder ein Stier sowie 15 Alpschweine und 30 Ziegen. Die Alp selbst ist Bio Suisse zertifiziert. Chemische Spritzmittel gegen Blacken sind deshalb verboten. Das Unkraut sei aber sowieso nur auf überdüngten Wiesen ein Problem, sagt Hannes. Er sorgt deshalb dafür, dass an keinem Ort zu viele Kuhfladen herumliegen. Dies sei vor allem an flacheren Stellen der Fall, wo sich die Kühe gerne hinlegten. Er lacht: «Wenn sie aufstehen, kacken sie.» An diesen Liegestellen sammelt er die Kuhfladen jeweils in mühsamer Arbeit zusammen und führt sie mit einer motorisierten Schubkarre weg zu den steileren Hängen. Diese Methode sei zwar etwas antiquiert, aber es nütze gegen überdüngte Weiden. Ein grösseres Problem als die Blacken sind für ihn die Grünerlen, welche die ganzen Alpen zunehmend verbuschen lassen. «Da musst Du dauern auf der Hut sein», sagt der Bioälpler. Bei einer Alpfläche von 110Hektaren ist das eine aufwändige Geschichte. Die effektivsten Helfer hierbei sind die Ziegen, die er regelmässig an den betroffenen Hängen weiden lässt, und die Büsche noch so gerne vertilgen. «Dank ihnen wachsen hier weiterhin nicht nur wertvolle Kräuter für die Kühe sondern auch Pflanzen wie Arnika, Männertreu, Enzian, Knabenkraut oder sogar die seltene Pardieslilie.» 

Geschlossener Kreislauf auf der Alp

gb4Beide Biobauern-Familien sind überzeugt von den Ideen des biologischen Landbaus. Vor allem das Kreislaufdenken ist ihnen wichtig. Für Hannes ist deshalb klar, dass die Kühe kein Heu von ausserhalb der Alp oder gar Kraftfutter erhalten. Sie fressen nur das Gras, das hier oben naturgemäss wächst. Als Dünger bleibt auf der Alp, was bei den Tieren hinten wieder rauskommt. Der Kreislauf ist geschlossen. «Und der Mensch profitiert davon, dass die Kuh das Gras zu Milch verarbeiten kann», erklärt der junge Biobauer. Wenn sie das ohne Kraftfutter mache, sei zudem der Gehalt an für die Gesundheit wichtigen Fettsäuren erwiesenermassen viel höher. Das wollen wir gerne glauben. Krankheiten und Entzündungen werden hier oben übrigens bei Tieren und Menschen homöopathisch behandelt. «Antibiotika ist in den meisten Fällen nicht nötig», sagt der junge Biobauer.

Die Ziegen verhindern, dass die Alp verbuscht.
Die Ziegen verhindern, dass die Alp verbuscht.

So richtig in Fahrt kommt Hannes aber erst bei der Diskussion über Kuhhörner. Seine Original Braunviehkühe tragen alle Hörner. Er ist überzeugt, dass diese zu Kühen gehören und solche Tiere auch gesunder sind, als ihre enthornten Artgenossen. Er langt an das Horn der 15-Jährigen Edith: «Das Horn ist ganz warm, weil es durchblutet ist.» Er versteht nicht, wie Bauern ihre Tiere systematisch enthornen können. Die Natur habe dem Horn ganz sicher eine Aufgabe zugeteilt. Hannes hat seine eigene Theorie dazu: «Je mächtiger und durchbluteter das Horn, desto gröbere Pflanzen kann das Tier verdauen».

Doch nun ist genug geredet. Schliesslich müssen die Tiere am Abend wieder gemolken werden. Und bis dann bleibt noch viel zu tun. Der grosse Blonde verabschiedet sich artig und macht sich mit seiner temporäreren Angestellten Sabina auf den Weg zur Weide, die noch frisch eingezäunt werden muss. Der Journalist geht in die andere Richtung zurück ins Tal. Vorbei an pfeifenden Murmeltieren und wunderbaren Blumenwiesen. Und er denkt sich: Gut, dass es in dieser Zeit noch Menschen gibt, die sich dem anstrengenden Älplerleben verschrieben haben.


Portrait

Portrait der beiden Familien: v.l.n.r. Heidi Hefti-Landolt, Thomas Hefti, Jürg, Thomas Jun., Hannes Jun., Sonja, Daniel, Sandra Hefti-Fischbacher, Hannes Hefti, Ruedi.
Portrait der beiden Familien: v.l.n.r. Heidi Hefti-Landolt, Thomas Hefti, Jürg, Thomas Jun., Hannes Jun., Sonja, Daniel, Sandra Hefti-Fischbacher, Hannes Hefti, Ruedi.

Hannes und Sandra Hefti-Fischbacher mit Hannes Junior (2), den Zwillingen Ruedi und Daniel (1) bewirtschaften zusammen mit der Familie von Thomas und Heidi Hefti-Landolt mit Thomas Junior (8), Jürg (6) und Sonia (5) die von der Gemeinde gepachtete Alp Guetbächi oberhalb von Linthal GL. Während dem Sommer werden 45 Kühe, 30 Rinder und ein Stier gesömmert. Auf der Bio-Alp werden jährlich rund 5 Tonnen Guetbächi-Alpkäse sowie 500 Kilogramm Alpbutter produziert. Die Ware wird an regionale Geschäfte und Restaurants sowie direkt an die Kundschaft verkauft. Mehr Informationen und Bestellformular auf www.guetbaechi.ch.

Veröffentlicht in Blog

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